Politische Graffiti

Kein Einzelfall - Schriftzug an der Bornheimer Landstraße.  Foto: Andreas Arnold
Erstveröffentlicht: 
04.01.2016

Unbekannte besprühen teure Neubauwohnungen in Frankfurt mit Parolen. Ärgerlich für die Besitzer der Nobel-Imobilien. Der Slogan "Stadt für alle" bezieht sich auf Forderungen eines Bündnisses, das sich für mehr sozialen Wohnungsbau stark macht. Die Polizei setzt eine eigene Arbeitsgruppe ein, um den Sprühern auf die Spur zu kommen.

 

Die Eigentümer der Wohnungen in der Bornheimer Landstraße 3 sind schlecht ins neue Jahr gestartet. In der Silvesternacht haben Unbekannte den Neubau im Nordend mit Farbbeuteln beworfen. Der Schriftzug „Stadt für alle“ steht quer über dem Behältnis für die Mülleimer. Es ist nicht das erste Mal, dass Sachbeschädiger diese drei Worte auf Außenfassaden kritzeln. Und zwar stets auf die Wände von Wohnungen im gehobenen Preissegment.

Auch auf dem Neubau in der Petersstraße 3 ist „Stadt für alle“ zu lesen. Dort sind sogar Scheiben zu Bruch gegangen. Die Eigentümer der Wohnungen auf dem Maintor-Areal wurden ebenfalls Ziel einer Attacke. Entlang der „Palazzi“ stehen ebenjener Schriftzug und weitere Kritzeleien. Die Eigentümer haben dort Preise von 8000 bis 12 500 Euro pro Quadratmeter gezahlt.

Bündnis kritisiert Gentrifizierung

Die Parole „Stadt für alle“ bezieht sich offensichtlich direkt auf eine Forderung des Bündnisses „Eine Stadt für alle“. Der Zusammenschluss verschiedener Initiativen setzt sich für eine stärkere soziale Ausrichtung der städtischen Wohnungsbaugesellschaft ABG Holding ein. Beteiligt sind unter anderem der Arbeitskreis Kritische Geographie der Goethe-Universität, die Initiative Zukunft Bockenheim, die Interventionistische Linke Frankfurt, die Gruppe Kritik und Praxis, das Offene Haus der Kulturen. Das Bündnis kritisiert die zunehmende Gentrifizierung in der Stadt. Wohnen in manchen Stadtteilen sei „kaum noch bezahlbar“. Menschen „mit kleinen oder mittleren“ Einkommen würden ausgegrenzt. Aus ihrer Sicht müsse die ABG weniger den „ökonomischen Interessen“ folgen, sondern stattdessen Mieten nur moderat anheben und bei Neubauten die Hälfte der Wohnungen als sozial geförderten Wohnraum ausweisen. Vertreter des Bündnisses waren am Montag für eine Stellungnahme zu den Graffiti nicht zu erreichen.

Polizei setzt Arbeitsgruppe ein

Die geschädigten Eigentümer lassen in der Zwischenzeit ihre Wände streichen. Mit Kosten von 1200 Euro rechnet Hausverwalter Manfred Dörl für die Malerarbeiten an der Petersstraße 3. Die Eigentümergemeinschaft müsse beraten, wie sie künftig mit Graffiti umgehe wolle. Aber ganz verhindern lasse sich das Besprühen wohl nicht. Auch die Fassade der Eigentumswohnungen auf dem Maintor-Areal würden „schnellstmöglich vollkommen gereinigt“, sagte ein Unternehmenssprecher. Die „anonymen Beschmierer“ würden sich „mit solchen Aktionen selbst ins Unrecht setzen“, meint er.

Aus Sicht der Polizei kommen Sachbeschädigungen dieser Art „regelmäßig“ vor. Nicht nur an Häuserwänden, sondern auch an Garagentoren und Brückenpfeilern, sagte der Sprecher André Sturmeit. Oft würden die Taten angezeigt. Bei der Polizei beschäftige sich eine Arbeitsgruppe mit den Taten, die Übereinstimmungen erfasse. Das Strafgesetzbuch sieht bei Sachbeschädigung eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe vor. Selbst versuchte Sachbeschädigung ist strafbar.