Die Angst der Sachsen vor einem massenhaften Zuzug von Flüchtlingen hat sich etwas gelegt. Die Sorgen über die möglichen Folgen und Zweifel am Flüchtlingsmanagement der Politik sind jedoch geblieben. Wie reagiert diese auf die Ergebnisse der Umfrage von MDR SACHSEN? von Beate Dietze
Für Rico Gebhardt, den Fraktionschef der Linkspartei im Sächsischen Landtag, ist das Ergebnis der Umfrage keine Überraschung, sondern vielmehr eine logische Konsequenz:
"Die Vorbehalte hängen auch zum großen Teil damit zusammen, dass man keine Erfahrung damit hat, dass man soundso immer skeptisch ist, wenn ein neuer Nachbar kommt, und dass es egal ist welcher Nationalität der ist. Man guckt dann immer erstmal skeptisch über den Gartenzaun: Wer ist das? Und deswegen müssen wir alle gemeinsam miteinander lernen, dass es eine Bereicherung sein kann, dass wir Erfahrungen machen werden. Und ja: Wir werden auch die eine oder andere negative Erfahrung machen. Aber das erlebe ich auch mit Nachbarn, die deutscher Nationalität sind - wenn sie einziehen und plötzlich einen Hund haben und der Krach macht."
Die Nöte der Helfer
Mit Vorbehalten werden auch die Mitarbeiter und Helfer in den Asylunterkünften immer wieder konfrontiert, berichtet Rüdiger Unger, Landeschef des Deutschen Roten Kreuzes in Sachsen:
"Wir haben auch Mitarbeiter, die uns
berichten, sie möchten im Freundeskreis oder im Bekanntenkreis am
liebsten gar nicht sagen, wo sie arbeiten, weil der Riss den man in der
Stimmung der Menschen merkt auf der Straße - und das ist ja nicht nur
montags in Dresden so - den haben natürlich auch unsere Mitarbeiter im
Erleben. Aber insgesamt hat sich das eher stabilisiert."
Inzwischen
brächten viele Menschen den Mitarbeitern und Helfern Respekt für ihre
Arbeit entgegen. Zudem sei in den Asylunterkünften Normalität
eingezogen, zieht Unger eine positive Bilanz.
Doch auch wenn die Angst vor den
Flüchtlingen laut MDR-Umfrage abgenommen hat: Die Mehrheit der Sachsen
bleibt skeptisch. Das sei ein hausgemachtes Problem, meint
Grünen-Landtagsfraktionschef Volkmar Zschocke:
"Durch die vielen
Flüchtlinge, die zu uns kommen, treten natürlich vorhandene Probleme
offener zutage, zum Beispiel die geringe Personalausstattung bei der
Polizei, der Lehrermangel - aber auch die Tatsache, dass in den
Großstädten wie Leipzig und Dresden eben der soziale Wohnungsbau in der
Vergangenheit vernachlässigt wurde."
Und deshalb fordert die Opposition
schnelle politische Entscheidungen von der Landesregierung. Doch genau
dort hat es bisher gehakt - zumindest aus Sicht der Sachsen. Die
Mehrheit stellt Politik und Behörden im Freistaat ein schlechtes Zeugnis
für das Flüchtlingsmanagement aus. Und Sachsens Ministerpräsident
Stanislaw Tillich zeigt sich, angesichts der vielen Pannen bei der
Unterbringung von Flüchtlingen, darüber wenig überrascht. Er appelliert
an die Verantwortung der Landräte, Bürgermeister und Abgeordneten:
"Wo
das stattfindet, dort erleben wir auch, dass man sie (die Bürger - Anm.
d. Red.) vorbereitet auf eine Flüchtlingsunterkunft - dass man die
letztendlich nicht nur schafft, sondern Vereine mit einbindet,
Ehrenamtler mit einbindet. Und selbstverständlich: Da gibt es den Einen,
der das viel, viel besser macht und den Anderen, der durchaus noch
Potenziale hat."
Möglicherweise zielt Tillich damit
auch auf den Landkreis Meißen ab. Das ist einer der Landkreise, wo es
bisher mit den meisten Ärger gegeben hat. Doch CDU-Landrat Arndt
Steinbach gibt den Schwarzen Peter weiter:
"Wir spüren in der
Bevölkerung den Wunsch, dass die Menschen in anderen Gemeinden, aber
nicht in der eigenen untergebracht werden. Natürlich ist es dann so,
wenn in der eigenen Gemeinde Unterbringungen notwendig sind, dass da
eine gewisse Unzufriedenheit gegenüber dem entsteht, der die
Unterbringung verantwortet."
Und so schiebt einer dem anderen die Verantwortung zu. Künftig soll es besser laufen, verspricht die Landesregierung - wieder einmal …