Keine Einreise ohne Ausweis

Erstveröffentlicht: 
31.12.2015
CSU will Zuzug von Flüchtlingen begrenzen – Gewerkschaft der Polizei spricht von Aktionismus Von Dieter Wonka und Sascha Meyer

 

Berlin. Die CSU heizt den Streit über die Asylpolitik weiter an und will Flüchtlinge ohne Papiere direkt an der deutschen Grenze abweisen lassen. Die Einreise dürfe nur dann möglich sein, „wenn auch gültige Ausweisdokumente vorgezeigt werden können“, heißt es in einer Beschlussvorlage für die Klausurtagung der CSU-Bundestagsabgeordneten Anfang Januar in Wildbad Kreuth. Notfalls müsse die deutsche Grenze dauerhaft gesichert werden.

 

Die CSU argumentiert in dem Entwurf, durch falsche Angaben oder bewusst vernichtete Papiere würden Asylverfahren verschleppt oder unmöglich gemacht. Das könne der Rechtsstaat nicht länger hinnehmen. „Die Beschaffung von Ersatzpapieren kann schließlich auch in einem unserer sicheren Nachbarstaaten erfolgen“, heißt es.

 

Die CDU hatte Zurückweisungen an der Grenze kürzlich ausdrücklich eine Absage erteilt. Beim Parteitag Mitte Dezember in Karlsruhe wurde ein Antrag mit großer Mehrheit abgelehnt, der dies für Einreisende aus sicheren Drittstaaten oder sicheren Herkunftsländern gefordert hatte.

 

Jörg Radek, Vizechef der Gewerkschaft der Polizei, hält der CSU „durchsichtigen politischen Aktionismus“ vor. Statt ständig neue Forderungen auf den Tisch zu legen, sollten bereits beschlossene Maßnahmen wie die zentralen Registrierzentren in Grenznähe oder der verabredete Flüchtlingsausweis umgesetzt und die Personalkürzungen bei der Polizei rückgängig gemacht werden. Derzeit gelänge es der Bundespolizei nur, bei rund 10 Prozent der einreisenden Flüchtlingen deren Personaldaten völlig korrekt zu überprüfen, sagte Radek dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Schuld daran seien der Personalmangel, die offene grüne Grenze zu Deutschland und das anhaltende organisatorische Wirrwarr.

 

Aus polizeilicher Sicht sei es aber auch gar nicht notwendig, mit ordnungsgemäßen Papieren einzureisen, es genüge eine polizeiliche Identitätsfeststellung. Im Umgang mit Österreich werde dies bereits angewandt. So würden derzeit täglich zwischen 500 und 600 identifizierte Flüchtlinge in Kontingenten nach Deutschland geschickt. Nach polizeilichen Schätzungen befinden sich derzeit rund 350 000 nicht korrekt registrierte Flüchtlinge in Deutschland.

 

Die CSU präsentierte noch einen Vorstoß: Zum Schutz von Asylunterkünften will das bayerische Innenministerium Ehrenamtliche der Sicherheitswacht einsetzen. Die Freiwilligen sollten helfen, das Sicherheitsgefühl der Flüchtlinge zu steigern und mögliche Straftäter abzuschrecken, berichtete der Bayerische Rundfunk unter Berufung auf das Ministerium. Die Mitglieder der Sicherheitswacht tragen keine Waffen, dürfen aber Personen befragen, Personalien feststellen und einen Platzverweis erteilen. Sie gehen üblicherweise nach einer mehrwöchigen Ausbildung mit Funkgerät und einer Armbinde mit der Aufschrift „Sicherheitswacht“ unter anderem in Parks Streife, erhalten acht Euro Aufwandsentschädigung pro Stunde und alarmieren bei verdächtigen Vorkommnissen die Polizei. Im Sommer hatte das Kabinett beschlossen, die Zahl der Ehrenamtlichen von 800 auf 1000 zu erhöhen.


 

1,1 Millionen Asylsuchende

In Deutschland sind in diesem Jahr nach Angaben der bayerischen Staatsregierung fast 1,1 Millionen Flüchtlinge angekommen. Der Großteil sei über Bayern eingereist, teilte Sozialministerin Emilia Müller (CSU) am Mittwoch in München mit. Sie berief sich dabei auf das Erstaufnahme-System „Easy“ („Erstverteilung von Asylbegehrenden“).

 

Der Wille vieler Migranten, Europa zu erreichen, ist ungebrochen. Binnen einer Woche seien fast 30 000 weitere Menschen übers Mittelmeer in Griechenland oder Italien angekommen, so das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR. Damit seien in diesem Jahr mehr als eine Million Menschen über die Mittelmeer-Route geflüchtet.

 

848 000 kamen in Griechenland an, 153 000 Flüchtlinge landeten in Italien. 3735 Menschen seien bei der Überfahrt gestorben oder würden vermisst.