Genau ein Monat trennte die mörderischen Attentate in Paris vom 13. November 2015 (mit 130 Toten und 350 Verletzten) vom Ausgang der Regionalparlamentswahlen in ganz Frankreich. Deren zweiter Durchgang mit den Stichwahlen fand am 13. Dezember statt. Aus der ersten Runde war die extreme Rechte als Hauptgewinnerin hervorgegangen. Im landesweiten Durchschnitt wurde der Front National (FN) zur stimmenstärksten Partei und überrundet beide großen politischen Blöcke: sowohl die konservativ-wirtschaftsliberale Rechte als auch die Sozialdemokratie und ihre linksliberalen Verbündeten.
Dies ist nicht der einzige Grund zur Beunruhigung. Seit dem 14. November wurde über Frankreich der Notstand verhängt, unter Rückgriff auf eine Gesetzgebung, die aus dem Jahr 1955 stammt und vor dem Hintergrund des Algerienkriegs – des blutigsten aller französischen Kolonialkriege mit erheblichen Auswirkungen auf die "Heimatfront" – verabschiedet wurde.
Der Ausnahmezustand rechtfertigte u.a. Demonstrationsverbote, da
Menschenansammlungen von potenziellen Attentätern gefährdet seien – was
seltsamerweise nicht für Einkaufszentren, Multiplex-Kinos und
Weihnachtsmärkte zuzutreffen schien. 24 UmweltaktivistInnen wurden im
Vorfeld des internationalen Klimagipfels von Paris unter Hausarrest
gestellt, was ebenfalls der Notstand (ohne richterliche Anordnung)
ermöglicht, und bei einer Demonstration zum Klimagipfel kam es zu 346
Festnahmen. Auch massive Verschärfungen im Ausländerrecht wurden unter
dem Vorwand der Terrorabwehr durchgedrückt.
Während viele BeobachterInnen ein Bündnis aus einem Teil der
Konservativen und den Rechtsextremen nicht mehr ausschließen und die
nächste Regierung rechter als die jetzige ausgerichtet sein dürfte,
werden gleichzeitig die Instrumente für eine mögliche autoritäre
Krisenverwaltung vorbereitet.
Referent: Bernhard Schmid (Journalist, Paris)
Moderation: Fabian Kunow