Zündler an der Wölkhalle

Erstveröffentlicht: 
30.12.2015

Sie waren betrunken, sie haben Stoffreste angezündet und sie haben damit die Geislinger verunsichert. Ist eine Zündelei an der Wölkhalle als Brandanschlag zu werten? Die Verantwortlichen reagieren sensibel.

 

Sie sollten ein wenig Farbe in den Alltag der Flüchtlingskinder in der Wölkhalle bringen: Alte Leintücher hat Sabine Timcke vom Arbeitskreis Asyl mit den Kindern aus der Wölkhalle bemalt, mit Fingerfarben Handabdrücke gestempelt und die Werke dann am Bauzaun aufgehängt. In der Nacht zu Dienstag verstanden dies zwei junge Männer aus Göppingen offensichtlich als Einladung: Sie rissen die Leintücher herunter, nahmen etwas Papier dazu und entfachten ein Feuer.

Flammen und Rauch bemerkten die Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes gegen 3.30 Uhr in der Nähe des Küchenzeltes in der Rheinlandstraße. Mit dem Schuh trat einer das Feuer aus. Wie das Ulmer Polizeipräsidium und die Staatsanwaltschaft erst am späten Nachmittag berichteten, sei dabei nur ein geringer Schaden in Höhe von etwa 100 Euro am Küchenzelt entstanden. Polizeibeamte hätten sofort erste Spuren gesichert, Streifen suchten derweil nach den Urhebern. Ganz in der Nähe der Wölkhalle trafen sie auf zwei Männer im Alter von 24 und 30 Jahren, die erkennbar betrunken gewesen seien. Sie wurden festgenommen.

 

Wie der Vorfall einzuordnen ist, ist nicht ganz klar. War es ein versuchter Brandanschlag? Die Art und Weise, in der die Täter vorgingen, spreche nicht für einen solchen, erklärt Polizeisprecher Wolfgang Jürgens. In einer gemeinsamen Mitteilung sprechen von Polizei und Staatsanwaltschaft bewusst von einer „Sachbeschädigung durch Brandlegung“.

 

Angesichts des jüngsten Brandanschlags auf eine Asylbewerberunterkunft in Schwäbisch Gmünd an Weihnachten sind die Verantwortlichen jedoch sensibilisiert: „Hilfe, jetzt nicht auch noch bei uns“ – das sei ihr erster Gedanke gewesen, sagt Sabine Timcke, die sich in der Wölkhalle fast täglich um die Flüchtlinge kümmert. Es beschleiche sie ein „Unwohlsein im Bauch“, ohne dass sie den Vorfall aufbauschen wolle. Sie sei froh, dass die Unterkunft von Sicherheitsleuten bewacht wird, die ein gutes Verhältnis zu den Flüchtlingen haben.

Ihnen sei es zu verdanken, dass kein größerer Schaden entstanden ist, meint der Geislinger Oberbürgermeister Frank Dehmer. „Ich bin froh, dass die Polizei die Täter so schnell ermittelt und der Wachdienst auch einen guten Job gemacht hat.“ Von den Tätern des Anschlags in Gmünd gibt es bislang keine Spur. Die Polizei dort prüft nun, ob die beiden Göppinger als Täter in Frage kommen können.

In der Vernehmung soll der 24-Jährige am Dienstagfrüh zugegeben haben, den Brand ohne die Beteiligung des 30-Jährigen gelegt zu haben. Er sehe nun einer Strafanzeige wegen Sachbeschädigung entgegen, berichtet Polizeisprecher Jürgens. Da es keine Haftgründe gab, hat die Staatsanwaltschaft ihn Dienstagfrüh wieder auf freien Fuß gesetzt. Ob der ältere sich strafbar verhalten hat, will die Polizei noch überprüfen. Die Polizei stellte fest, dass die beiden schon vor mehreren Jahren in der rechtsextremen Szene in Göppingen aufgefallen waren.

 

Doch was hatten die beiden nachts in Geislingen zu schaffen? Was die Täter beabsichtigt haben, müssten nun die Ermittlungen ergeben, erklärt Polizeisprecher Jürgens. Klar ist aber: „Das ist jetzt sicher nichts, was man auf die leichte Schulter nehmen kann.“

Landrat Edgar Wolff, der für die Wölkhalle verantwortlich ist, hat deshalb seinen Urlaub unterbrochen. Er sei sofort nach Geislingen gefahren, um nach dem rechten zu schauen. „Ich bin entsetzt, dass dieser Brandanschlag passiert ist“, sagt Wolff, spricht aber als einziger von einem gezielten Anschlag.

Timcke versucht derweil, sich in die Situation Wölkhallenbewohner zu versetzen: „Ich würde mich als Flüchtling furchtbar fühlen – ich fliehe vor Gewalt und Terror und stoße hier auf solche Ablehnung.“

 

Reaktionen in Geislingen

Wolfgang Nordmann „Hoffentlich bestraft man sie, damit es abschreckend wirkt“, sagt der Sprecher des Arbeitskreises Asyl. Geislingen sei dehalb aber kein unsicherer Ort. „Ich nehm’s nicht so tragisch.“

Sascha Binder „Egal wie groß oder klein der Versuch war, ist es die dahinter steckende politische Motivation, die uns Sorge macht“, sagt der Geislinger SPD-Landtagsabgeordnete. „Wir können froh sein, dass die Polizei schnell war.“

Hermann Färber „Ob es Feuerlegen oder Brandstiftung heißt, das ist mir egal“, sagt der Böhmenkircher CDU-Bundestagsabgeordnete. „Dafür gibt es grundsätzlich keine Entschuldigung. Erst recht nicht, wenn es aus Fremdenhass geschieht.“

Edgar Wolff Der Landrat warnt davor, dass „die gesellschaftliche Akzeptanz nicht verloren geht. Die ganze Gesellschaft muss sehr wachsam sein.“