Front National übt sich in Verschwörungstheorien

Erstveröffentlicht: 
15.12.2015
Trotz einer guten Ausgangslage für Marine Le Pens Partei vor der zweiten Runde der Regionalwahlen reichte es für keinen Sieg

Von Birgit Holzer

 

Paris. Scharfe Töne ist man vom Front National gewöhnt – sie gehören zum Selbstverständnis der Partei. Doch nachdem sie bei den französischen Regionalwahlen am Sonntag leer ausging, obwohl sie sich nach der ersten Runde noch als stärkste Kraft positioniert hatte, fallen die verbalen Schläge gegen das „System“, das sie ausbremste, härter aus denn je.

 

Parteichefin Marine Le Pen sprach am Montag von einer Verleumdungskampagne, die „in den vergoldeten Palästen der Republik“ vorbereitet worden sei. Die Wahl enthülle die „geheimen Verbindungen“ zwischen jenen, die die Macht unter sich aufteilen, erklärte die 47-jährige Rechtspopulistin in verschwörerischem Ton. Nur vermeintlich gebe es in Frankreich ein Drei-Parteien-System, in Wahrheit handle es sich um zwei Blöcke: der Front National gegen den Rest.

 

Dieser hatte nach der ersten Runde am 6. Dezember in sechs von 13 Regionen an der Spitze gelegen – mit Vorsprüngen von bis zu 15 Prozentpunkten. Doch in ihren beiden stärksten Bastionen, dem Nord-Pas-de-Calais-Picardie mit Marine Le Pen als Listenführerin und Provence-Alpes-Côte d’Azur mit ihrer Nichte Marion Maréchal-Le Pen an der Spitze, zogen die Sozialisten ihre Kandidaten zugunsten der konservativen Bewerber zurück. Auch erlaubte die isolierte Position des Front National keine Bildung von Wahlbündnissen, wie sie die Republikaner mit den Zentrumsparteien und die Sozialisten teilweise mit Grünen, Kommunisten und radikaler Linken eingingen.

 

So unterlag Marine Le Pen im Norden mit 42,2 Prozent Ex-Arbeitsminister Xavier Bertrand, und Maréchal-Le Pen holte nur 45,2 Prozent gegen den Bürgermeister von Nizza Christian Estrosi. Es gebe „Siege, die Schande über die Gewinner bringen“, tönte die 26-jährige Jungpolitikerin. „Im Namen der Werte der Republik haben sie die Demokratie sabotiert.“

 

Dabei konnte der Front National die Zahl der Regionalräte verdreifachen und in der zweiten Runde einen Gewinn um 200 000 Wählerstimmen auf 6,8 Millionen verzeichnen. Wie alle Parteien profitierte er vom Anstieg der Beteiligung zwischen beiden Wahlgängen von 49 auf 58,5 Prozent. Er hat das höchste Ergebnis in seiner Geschichte erreicht und sogar jenes der Präsidentschaftswahlen 2012 übertroffen, als 6,4 Millionen für Marine Le Pen votierten.

 

Dass viele ihrer eigenen Wähler zur extremen Rechten übergewechselt sind, widerlegt Parteichef Nicolas Sarkozy. Er hatte seine Rückkehr in die Politik und seinen scharfen Rechtskurs mit dem Argument begründet, er allein könne „die Republik vor dem Front National“ bewahren. Es war der letzte Urnengang vor den Präsidentschaftswahlen 2017 – der Wahlkampf hat begonnen.