Karlsruhe. Die Bundesländer haben im NPD-Verbotsverfahren eine wichtige Hürde genommen. Das Bundesverfassungsgericht hat das Vorverfahren um das beantragte Parteienverbot abgeschlossen. Das Verfahren wird nicht eingestellt. Vielmehr findet Anfang März in Karlsruhe eine mindestens dreitägige Verhandlung statt.
Das Verbot der rechtsradikalen NPD war Ende 2013 nach langen Diskussionen vom Bundesrat beantragt worden. Die Begründung: Die NPD wolle die parlamentarische Demokratie abschaffen und durch einen rassistischen Volksstaat ersetzen. Außerdem weise sie eine Wesensverwandtschaft zum Nationalsozialismus auf. Die Bundesregierung und auch der Bundestag schlossen sich dem Verbotsantrag der Länder nicht an. Intern zweifelte man wohl an den Erfolgsaussichten.
Zweimal hatte das Gericht inzwischen den Bundesrat um weitere Informationen gebeten. So forderten die Richter von den Ländern Beweise, dass die V-Leute in der NPD-Führung wirklich abgeschaltet wurden und dass man nicht auf anderem Wege die Prozesstrategie der NPD ausforscht. Außerdem sollte der Bundesrat seine Behauptung ausführlicher belegen, dass in manchen Gegenden Deutschlands echte Gefahren von der NPD ausgehen. Berichterstatter des Verfahrens und damit federführend ist der Richter und ehemalige saarländische Ministerpräsident Peter Müller.
Die Nachlieferungen halfen dem Antrag nun zumindest über die erste Hürde. Im Vorverfahren wird geprüft, ob der Antrag auf ein Parteiverbot „unzulässig“ oder „nicht hinreichend begründet“ ist. Beides hat Karlsruhe nun implizit verneint, indem es den Termin für eine Verhandlung ansetzte. Eine Begründung sucht man in dem nur zweiseitigen Beschluss allerdings vergebens.
Die NPD hat sich im Verfahren bisher noch nicht inhaltlich geäußert. Sie hatte nur geltend gemacht, es gebe ein Verfahrenshindernis. Da niemand wisse, ob die NPD weiterhin von den deutschen Geheimdiensten überwacht werde, könne sie sich nicht auf den Prozess vorbereiten. Der Einstellungsantrag der NPD scheint nun implizit auch abgelehnt worden zu sein.
Das Gericht hat zunächst drei Prozesstage festgelegt, den 1., 2. und 3. März. Dann werden in Karlsruhe auch Wissenschaftler als Sachverständige gehört. Sollte das Gericht mehr Zeit benötigen, können kurzfristig auch mehr Verhandlungstage anberaumt werden. Über das Verbot der KPD in den Fünfzigerjahren wurde mehrere Monate verhandelt.
Ursprünglich wollte das Gericht schon Ende 2015 den Verbotsantrag verhandeln. Der zuständige Zweite Senat steht auch unter gewissem Zeitdruck, weil die Amtszeit des Richters Herbert Landau im April endet.
Nach wie vor ist unklar, welchen Maßstab das Gericht für ein Verbot anlegen wird. Wenn Karlsruhe eine unmittelbare Gefahr für die Demokratie verlangt, wird ein Verbot scheitern. Falls eine abstrakte Gefahr genügt, wird der Antrag Erfolg haben. Die Richter wollten sich eigentlich im Rahmen des Vorverfahrens auf den Maßstab einigen. Offensichtlich sollen Öffentlichkeit und Verfahrensbeteiligte aber nichts vom Ergebnis dieser Beratungen mitbekommen.
Ein erster Anlauf auf ein NPD-Verbot war 2003 gescheitert, nachdem bekannt wurde, wie stark die NPD-Führung mit Verfassungsschutz-Spitzeln durchsetzt war. Der Staat hätte die Spitzel rechtzeitig abschalten müssen, weil diese sonst doppelten Loyalitäten ausgesetzt seien. Außerdem hätten in den Anträgen die zitierten Äußerungen von V-Leuten als solche gekennzeichnet werden oder weggelassen werden müssen.