Müssen 20 000 Hausbesitzer in Leipzig jetzt doch nicht insgesamt 30 Millionen Euro an die Kommune bezahlen? Der Eigentümerverband Haus & Grund hält das für möglich. Soeben hat er einen Prozess zum Sanierungsgebiet Connewitz/Biedermannstraße gewonnen. Das Sächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) in Bautzen entschied, dass zumindest in diesem Fall eine „vom Stadtrat im Juni 2013 eilig beschlossene Heilungssatzung unwirksam ist“, erklärt Ronald Linke, Vorsitzender von Haus & Grund Leipzig.
Bei dem Normenkontrollverfahren gegen die Stadt Leipzig habe das Gericht keine Revision zugelassen. Die Prozesskosten trage die Kommune. „Die Entscheidung des OVG Bautzen wird voraussichtlich erhebliche Auswirkungen auf alle Leipziger Sanierungsgebiete haben“, ergänzt Eric Linder, Geschäftsführer bei Haus & Grund. Es sei nicht auszuschließen, dass sogar Grundstücksbesitzer, die schon Ausgleichsbeiträge an die Stadt gezahlt haben, ihr Geld zurückfordern könnten. Mehr Klarheit dazu könne aber erst die schriftliche Urteilsbegründung bringen, welche noch nicht vorliege.
Ob Lindenau, Plagwitz, Grünau, Südvorstadt, Neuschönefeld, Stötteritz, Gohlis oder Eutritzsch: Von 1990 bis 1995 wurden 17 große Sanierungsgebiete ausgewiesen. Dadurch konnten dort besonders viele Fördermittel fließen – insgesamt 680 Millionen Euro waren es laut dem Amt für Stadterneuerung und Wohnungsbauförderung (ASW). Nach dem Erreichen des Ziels, die Quartiere deutlich aufzuwerten, sei die Kommune nun gesetzlich verpflichtet, sich einen Teil des investierten Geldes von den dortigen Privateigentümern zurückzuholen, erläutert ASW-Abteilungsleiterin Heike Will. „Schließlich gewannen die privaten Grundstücke in aller Regel dadurch ebenfalls an Wert.“
Wie berichtet, hatte die Kommune aber schon vor zwei Jahren einen Prozess gegen einen Privateigentümer aus der Südvorstadt verloren. Mit der Folge, dass dieser keine Ausgleichsbeiträge berappen musste. Damals wurde offenbar, dass die in den Nachwendewirren eilig gezimmerten Sanierungssatzungen viele Formfehler aufwiesen. Deshalb erstellte das ASW für alle 17 Gebiete alsbald noch mal Heilungssatzungen – bevor es Tausende Rechnungen verschickte. Die Beträge liegen im Schnitt bei 1500 Euro. Je nach Größe des Grundstücks können es im Extremfall jedoch auch bis zu 20 000 Euro werden. Insgesamt ging es um 30 Millionen Euro, die die Stadt für weitere Vorhaben in den Gebieten verwenden wollte.
Laut Abteilungsleiterin Will hat das Gericht jetzt zwar die Heilungssatzung für Alt-Connewitz kassiert, gleichzeitig jedoch in einem parallelen Verfahren die Heilungssatzung für die Südvorstadt als rechtmäßig bestätigt. Folglich sei die Wirksamkeit auch der 15 übrigen Satzungen „nicht infrage gestellt“. Haus & Grund sieht das anders – und will sich nächste Woche dazu genauer erklären.