Tillich lobt Verschärfung / Leipzigs OBM Jung: Atempause erst 2016 spürbar
VON ANDREAS DEBSKI, JÜRGEN KOCHINKE UND BJÖRN MEINE
Berlin/Dresden. Das neue Asylpaket-Paket der Bundesregierung stößt in Mitteldeutschland auf Zustimmung, aber auch auf Ablehnung. Während Sachsens Regierungschef Stanislaw Tillich (CDU) wie auch Integrationsministerin Petra Köpping (SPD) den Kompromiss loben, hagelt es vom Thüringer Migrationsminister Dieter Lauinger (Grüne) heftige Kritik. Auch bei den Linken stößt das Paket auf wenig Gegenliebe.
Die Parteichefs von CDU, CSU und SPD hatten sich am Donnerstagabend unter anderem auf Registrierzentren für Flüchtlinge geeinigt. Drei bis fünf solcher Aufnahmeeinrichtungen sollen entstehen, in denen sich die Menschen verpflichtend registrieren lassen müssen. Der wichtigste Punkt ist aber: Die Verfahren sollen insgesamt beschleunigt werden – bei Bewerbern mit geringen Bleibechancen soll binnen einer Woche entschieden werden. Daneben soll auch ein einheitlicher Sonderausweis eingeführt werden. Nur wer dieses Papier vorlegen kann, erhält Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, erklärt Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Zudem soll der Familiennachzug eingeschränkt werden.
Tillich, der gestern auch seine Antrittsrede als neuer Bundesratspräsident dem Thema Integration widmete, sieht in dem Kompromiss „ein deutliches Zeichen, dass die Große Koalition handlungsfähig ist“. Das Asylpaket schaffe die Voraussetzung, „dass wir die Ordnung wiederherstellen können und dass klar ist, wer einen Anspruch auf Asyl hat und wer nicht und wie damit umgegangen wird“. Dabei steht für ihn fest: „Es ist ein Asylverfahren, das wesentlich strenger ist, als es je zuvor war.“ Auch Sachsens Integrationsministerin Köpping begrüßt das Maßnahmepaket, fordert aber: „Ich erwarte, dass es auch umgesetzt wird.“
Auf kommunaler Seite zeigt sich Leipzigs OBM Burkhard Jung (SPD), der zuletzt eine Pause bei der Zuweisung von Flüchtlingen verlangt hatte, erleichtert: „Wenn die Koalition alles umsetzt, gehen wir davon aus, dass das die langersehnte Atempause bei den Kommunen bringen wird.“ Jung rechnet aber damit, dass die Auswirkungen nicht vor dem ersten Quartal 2016 greifen. „Bis dahin müssen wir durchhalten. Und wir werden weiterhin auf viele Helfer angewiesen sein.“
Mit Unverständnis reagierte dagegen die Thüringer Landesregierung auf die Verschärfung des Asylrechts. „Angesichts dessen, dass der Anteil der Menschen, die aus sicheren Herkunftsstaaten kommen, inzwischen deutlich unter zehn Prozent liegt, gehen die Maßnahmen an der Realität vorbei“, kritisiert Migrationsminister Dieter Lauinger (Grüne) in Erfurt. Bei der Verkürzung der Verfahrenszeiten sei zudem „völlig unklar“, wie sie reduziert werden sollen – rechtsstaatliche Instrumente wie das Einspruchsrecht könnten schließlich nicht außer Kraft gesetzt werden. „Völlig falsch ist es, den Familiennachzug zu beschränken. Das widerspricht einem christlichen und humanen Menschen- und Familienbild.“
Auch Sachsens Linke halten nichts von dem Asylpaket . „Mit tagelangem parteitaktischen Tauziehen um Begriffe und Orte von imaginären Einrichtungen kann man die Herausforderung der Integration nicht meistern“, so Landeschef Rico Gebhardt. Die große Mehrheit der Flüchtlinge komme aus kriegszerrütteten Regionen, weshalb mit dem „rechtsstaatlich dubiosen Instrument“ der Registrierzentren allenfalls eine Lösung suggeriert werde. Vorerst helfe nur die Ausweitung der Kapazitäten, so Gebhardt – „ich bin überzeugt, dass die Bevölkerung diese Wahrheit akzeptiert, wenn man sie ehrlich darstellt“.