Pfeifkonzert und laute Musik als Protest: Demonstration gegen Auftritt der Pegida-Aktivistin Tatjana Festerling in Mainz

Erstveröffentlicht: 
29.10.2015

Pfeifkonzert und laute Musik als Protest: Demonstration gegen Auftritt der Pegida-Aktivistin Tatjana Festerling in Mainz Von Frank Schmidt-Wyk, Carina Schmidt und Jonas Hermann


MAINZ - Lautstark haben am Donnerstagabend bis zu 700 Menschen in der Stahlbergstraße (Oberstadt) gegen den Auftritt der Dresdner Pegida-Aktivistin Tatjana Festerling bei der rechtskonservativen Mainzer Burschenschaft „Germania Halle“ protestiert. Die Demonstration begann um Punkt 19 Uhr mit einem gellenden Pfeifkonzert und ohrenbetäubender Musik aus zwei Lautsprechern.

 

Fast zum gleichen Zeitpunkt betrat die über eine Nebenstraße herangeführte Festerling das Burschenschaftsgebäude. Ein Kameramann des SWR, der sie dabei filmen wollte, wurde von einem älteren Herrn so heftig weggestoßen, dass dabei ein Mikrofon zu Bruch ging. „Wir haben eine Strafanzeige aufgenommen“, sagte Polizeidirektor und Einsatzleiter Achim Zahn.

Differenzen zwischen den Gegendemonstranten und der Polizei gab es zunächst nur wegen der lauten Musikbeschallung. Die an der Ecke Stahlberg-/Schillstraße aufgebaute professionelle Musikanlage verstoße eindeutig gegen die Absprachen und sei eine Zumutung für die Anwohner, sagte Zahn. Lautstärkemessungen hätten einen Wert von 91 Dezibel ergeben, das entspreche etwa dem Geräuschpegel eines in der Nähe startenden Düsenflugzeugs. Nach einer Ansage der Polizei wurde die Lautstärke jedoch nur kurz zurück-, dann gleich wieder aufgedreht.

 

Lärmattacke und Vermummte

Die Lärmattacke sei notwendig, damit die Teilnehmer der Veranstaltung im Haus der Burschenschaft auch etwas von den Protesten mitbekämen, rechtfertigte ein Wortführer der Demo die massive Beschallung. Tatsächlich war das Getöse im Gebäude deutlich zu hören.

Eine weitere Gruppe Demonstranten versammelte sich am anderen Ende der teilweise abgesperrten Stahlbergstraße, an der Ecke Philippsschanze, und damit in einem Bereich, der nicht als Versammlungsort genehmigt worden war. Auch hier verzichtete Einsatzleiter Zahn darauf mit seinen Beamten energisch einzuschreiten, weil er die zeitweise gereizte Stimmung nicht anheizen wollte. Mehr Probleme verursachte eine Gruppe von etwa 100 teils vermummten, offenbar der Antifa zuzurechnenden Aktivisten, indem sie gegen 21 Uhr die parallel verlaufende Obere Zahlbacher Straße blockierte. Die Polizei sah sich gezwungen, den Verkehr am Landwehrweg abzuleiten. Bis 22 Uhr war die Situation weitgehend friedlich. Nach offizieller Auflösung der Versammlung durch die Veranstalter verschärfte sich noch einmal kurz der Ton zwischen 100 vor Ort verharrenden jüngeren Protestlern und der Polizei.

Festerlings Vortrag begann wie geplant gegen 20 Uhr. Etwa 70 Besucher hörten der Pegida-Frontfrau zu. Pressevertreter hatten Zutritt, Film- und Tonaufnahmen waren jedoch nicht gestattet.

 

Auch Anwohner protestieren

Die Gegenkundgebung hatte der Mainzer Bürger Arvid Irgens organisiert. Unterstützt wurde die Demo von CDU, SPD, Grünen, FDP, Linken, Piraten sowie vom DGB. Führende Vertreter sämtlicher im Stadtrat vertretenen demokratischen Parteien mischten sich in der Stahlbergstraße unter die Demonstranten. „Eine Frau, die offen rassistisch hetzt, setzt auf das falsche Pferd und hat in dieser Stadt nichts verloren“, sagte Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD). „Toleranz muss auch Kante haben und seine Grenzen zeigen.“

Auch etliche Anwohner gingen vor die Tür, um sich an den Protesten zu beteiligen. Darunter Hannelore Feicht (69), die bekannte: „Ich bin hier, weil es wichtig ist zu zeigen, dass Flüchtlinge hier willkommen sind." - "Schade, dass die Demonstranten nicht direkt hier vor dem Haus stehen dürfen“, sagte Andreas Schwerdt (29), der ebenfalls ganz in der Nähe wohnt.