Ulbig: Auf Dauer ist der Ansturm nicht zu schaffen
VON JüRGEN KOCHINKE
Dresden. Sachsen muss sich in den
kommenden Tagen auf einen weiteren rapiden Anstieg der
Asylbewerberzahlen einstellen. Derzeit seien von den 13 400 vorhandenen
Plätzen in den Erstaufnahmeeinrichtungen bereits 13 300 belegt, sagte
der Leiter der Stabsstelle Asyl im Innenministerium, Dirk Diedrichs,
gestern. Doch auch diese Mini-Reserve von 100 Plätzen wird in Kürze
nicht mehr vorhanden sein. Grund ist laut Diedrichs, dass Sachsen in der
laufenden Woche 3000 Flüchtlinge aufnehmen muss - zusätzlich zu den
täglich rund 250, die "normalerweise" kommen.
Das hat damit zu tun,
dass der Freistaat derzeit bundesweit im Minus steht, also knapp 5000
Flüchtlinge weniger aufgenommen hat, als nach dem sogenannten
Königsteiner Schlüssel vorgesehen ist. Die meisten davon befinden sich
in Bayern. Dies wird nun in den kommenden rund zehn Tagen ausgeglichen.
Die Folge davon ist, dass die schwarz-rote Staatsregierung mit großer
Wahrscheinlichkeit die bis Jahresende angepeilte Zielgröße von 15 000
Plätzen weiter nach oben korrigieren dürfte.
Innenminister Markus
Ulbig (CDU) drängt deshalb auf ein Umsteuern. "Wir werden es auf Dauer
nicht in der Geschwindigkeit und Größenordnung hinbekommen", sagte er
gestern. Dies sei auch Konsens der Länderinnenminister am Sonntagabend
bei Kanzlerin Angela Merkel (CDU) gewesen. "Wir haben alle unisono die
gleiche Kernbotschaft", so Ulbig. Bei dem rund vierstündigen Gespräch
mit Merkel sei "die Sorge aller zum Ausdruck gekommen, dass die Zahlen
schnell reduziert werden müssen".
Laut Ulbig haben alle
Innenminister der Länder ähnliche Probleme. Bei dem Tempo werde es
zunehmend zu Eingriffen in die Lebenswirklichkeit der Bürger kommen -
zum Beispiel, wenn Feuerwehrgerätehäuser oder Turnhallen mit
Asylsuchenden belegt werden. Laut Ulbig werde die Bevölkerung solche
Eingriffe aber "nicht länger tolerieren". Merkel habe "sehr intensiv
zugehört", und die Runde sei sich einig gewesen, dass vor allem die
Außenpolitik gefragt sei. Nötig sei aber auch die effektivere Erfassung
der Flüchtlinge mit kompatiblen Rechnersystemen, damit diese nicht
drei oder vier Mal registriert werden müssen. Auch plädiert Ulbig für
groß angelegte Transit-Lösungen wie an Flughäfen.