Ablenkung im Flüchtlingsalltag: "Leipziger Hilfsbereitschaft ist riesig"

Erstveröffentlicht: 
06.09.2015

Die Welle der Hilfsbereitschaft für Flüchtlinge in der Messestadt hält weiter an. Während Dutzende Menschen jeden Tag in der Notunterkunft auf dem Sportcampus helfen, organisieren andere auch Freizeitaktivitäten auserhalb.

 

Leipzig. Seit mehr als drei Wochen arbeiten Hunderte Leipziger nun schon ehrenamtlich in und an der Asylnotunterkunft Ernst-Grub-Halle. Angeleitet von Johannitern und Flüchtlingsrat unterstützen Dutzende Freiwillige rund um die Uhr die Versorgung und Betreuung der auf engstem Raum zusammenlebenden 420 Menschen. Andere organisieren Freizeitprogramme rings herum, wollen den Asylbewerbern den Alltag in der Sporthalle so erträglicher machen.

 

„Es gibt praktisch täglich Angebote für die Flüchtlinge, das reicht von Nordic Walking über Kindersport bis zu speziellen Stadtführungen, Deutschkursen, Fußballspielen und Musikveranstaltungen“, berichtet Christopher Zenker. Der SPD-Stadtrat hilft seit Eröffnung der provisorischen Erstunterkunft des Freistaates in der Halle, koordiniert die zahlreichen Offerten und kommuniziert sie in die Halle.

 

Sportverein und Fußballfans kicken – Yellow Umrella gibt Konzert


Eine Lehrerin, die grundlegende Dinge der deutschen Sprache mit den Flüchtlingen bespricht, sitze regelmäßig umringt von 50 Interessierten. „Der SV Lindenau trainiert jede Woche mit Interessierten auf dem Richard-Wagner-Hain, am Samstag kamen Fans der BSG Chemie und haben dort mit den Bewohnern Fußball gespielt. Nächste Woche wird es dann ein Kinderfest geben, danach tritt die Reggaeband Yellow Umbrella für die Hallenbewohner auf“, so Zenker weiter.

 

Ein Großteil der Helfer seien Studenten der Leipziger Hochschulen, die sich in Gruppen zusammengefunden haben. „Direkt nach dem ersten Infoabend des StuRa wurden Arbeitskreise zu verschiedenen Themengebieten gebildet, mit jeweils etwa 30 bis 50 Interessierten. Ich denke, insgesamt sind es wohl 200 Leute, die inzwischen mithelfen“, erzählt Olivia Krusche. Die Sportmanagement-Studentin selbst engagiert sich in einer Gruppe, die meist spontan mit den Flüchtlingen auf dem Richard-Wagner-Hain Feder- oder Volleyball spielt oder Slaglines spannt.

 

Kindersport, Musik und Tanzkurse – Länderspiel und Rechtsberatung

 

Andere Aktivitäten benötigen dagegen auch viel Vorbereitung: „Für den Arbeitskreis ‚Sport/Spiel‘ hat uns die Sportwissenschaftliche Fakultät Hallen- und Raumzeiten auf dem Campus organisiert, so dass wir Fitnessangebote, Kinderspiele, Kindersport sowie Musik und Tanz für Kinder anbieten konnten“, erzählt Krusche. In einem der Seminarräume konnte in den vergangenen Wochen die „Refugee Law Clinic“ tagen. Hier helfen Experten und Studierende den Flüchtlingen bei der Vorbereitung von Behördengängen. „Wir haben aber auch Filmabende für Kinder und Erwachsene gemacht, zuletzt zusammen das Fußballländerspiel am Samstagabend geschaut“, sagt Krusche.

 

Spendenannahme in der Berliner Straße temporär geschlossen


„Die Hilfsbereitschaft ist in Leipzig einfach riesig“, findet auch Zenker. Das stellt die Organisatoren zum Teil sogar vor ungeahnte Herausforderungen. So muss die zentrale Spendenannahmestelle in der Berliner Straße ab Montag bis zum 14. September geschlossen werden, weil die Helfer dort nicht mit dem Sortieren hinterherkommen. Rund zehn Tonnen an Textilien, Hygieneartikeln und Spielzeug haben die Leipziger in den vergangenen drei Wochen zusammengetragen. Die müssen nun erst geordnet werden, ehe Neues dazukommen kann. „Die Hilfsbereitschaft der Leipziger Bürgerschaft treibt uns allen Freudentränen in die Augen" sagt Johanniter Christoph Graebel, der die Spenden koordiniert. Und Stadtrat Zenker ergänzt: „Ich bin überzeugt, dass wir auch alles brauchen werden.“

 

Wer ehrenamtlich beim Sortieren helfen möchte, wendet sich weiterhin an den Flüchtlingsrat. Ab dem 15. September bitten die Johanniter nach Möglichkeit vor allem folgende Dinge abzugeben:

 

Herren:
• Unterwäsche – aus hygienischen Gründen nur Neuware
• T-Shirts, Pullover, Jacken, Hosen (gewaschen, sauber, tragbar, keine Lumpen)
• Schuhe
• Rucksäcke, Reisetaschen

 

Kinder:
• Kleidung, alle Größen
• Unterwäsche – aus hygienischen Gründen nur Neuware
• Schuhe
• Stifte, Malbücher, Bilderbücher, Bildwörterbücher
• Schach, Mühle, Backgammon, Kartenspiele (Rommé, Skat)
• Spiele für draußen (Bälle, Federball, Beachtennis etc.)

 

Hygieneartikel:
• Handtücher, Kämme, Bürsten, Einwegrasierer, Rasierschaum, Duschbad, Shampoo, Seife