Sicherheitsfirma setzte Rechtsradikalen in Erstaufnahmestelle für Flüchtlinge ein

Erstveröffentlicht: 
05.09.2015

Behörde erteilt sofort Hausverbot — Neonazi fällt bei Kontrolle auf

Von unserem Redaktionsmitglied Simone Jakob

Heidelberg. Ein Neonazi als Mitarbeiter in einer Flüchtlingsunterkunft? Was unglaublich klingt, ist in der Erstaufnahmestelle im früheren Patrick-Henry-Village (PHV) in Heidelberg-Kirchheim wohl drei Tage lang Realität gewesen.

 

Wie die Polizei und das Regierungspräsidium Karlsruhe auf Anfrage dieser Zeitung bestätigten, ist der polizeibekannte Rechtsradikale aus Kassel gestern Morgen bei der Kontrolle der Mitarbeiterliste aufgefallen. Da sei er aber bereits nicht mehr im Dienst gewesen. "Der Mann war seit 1. September im PHV beschäftigt und hat bislang nur Nachtdienste von 18 Uhr bis 6 Uhr morgens geleistet", sagt Polizeisprecher Norbert Schätzle. Zum Dienst erscheinen musste er am Abend nicht mehr: "Er darf das Gelände nicht mehr betreten, da er sofort Hausverbot bekommen hat."

Die Mitarbeiter von Sicherheitsdiensten würden bei Konzerten oder Fußballspielen immer gewerblich überprüft. So müssten Security-Angestellte bei der Industrie- und Handelskammer eine Schulung hinsichtlich ihrer Rechte und Pflichten absolvieren und diese nachweisen.

Gehe es um den Einsatz in Asylbewerberunterkünften, könne die Polizei die Mitarbeiter noch hinsichtlich Staatsschutz relevanter Fragen überprüfen. Dafür stelle die Sicherheitsfirma Listen mit den Namen ihrer Mitarbeiter zur Verfügung. "Ein Kollege vom Dezernat Gewerbe und Umwelt hat um vier Uhr morgens im PHV eine anlassunabhängige Kontrolle durchgeführt", so Schätzle. Dabei sei aufgefallen, dass der Mann wegen politisch motivierter Straftaten polizeibekannt ist. Auf den August-Listen sei er aber nicht aufgetaucht. "Er hat also schlimmstenfalls drei Nächte lang Dienst getan."

Jüngst war es mehrfach zu Schlägereien im PHV gekommen. So musste die Polizei in der Nacht auf Donnerstag mit einem Großaufgebot die Lage beruhigen. 21 Streifenwagenbesatzungen aus der gesamten Region waren zusammengezogen worden, um bei zwei Vorfällen die zeitweise über 50 Beteiligten zu trennen. Verletzt wurde niemand. Es gibt laut Schätzle bislang aber keine Hinweise, dass der Mann aus Kassel in irgendeiner Form daran beteiligt war. "Wir überprüfen das natürlich." Pro Nacht seien etwa 30 Sicherheitskräfte im PHV eingesetzt, wo mittlerweile knapp 3000 Flüchtlinge leben.


Stellungnahme angefordert

"Das kann ja nicht wahr sein - war meine erste Reaktion auf den Vorfall", ist Uwe Herzel, Sprecher des Regierungspräsidiums empört darüber, dass die private Sicherheitsfirma, die seine Behörde im Heidelberger PHV zum Schutz der Flüchtlinge einsetzt, einen polizeibekannten Rechtsradikalen beschäftigt hat.

"Ich bin gespannt auf die Stellungnahme der Firma, die wir angefordert haben." Man lege bei der Auswahl des Personals für Erstaufnahmestellen hohe Maßstäbe an. Das wüssten die Firmen ganz genau. "Es ist unfassbar, dass jemand mit ausländerfeindlichem Hintergrund in einer Flüchtlingsunterkunft arbeitet", so Herzel. "Wir sind sehr sensibilisiert nach den Vorfällen in Nordrhein-Westfalen." Damals war es in einem Asylbewerberheim zu gewalttätigen Übergriffen durch private Sicherheitskräfte gekommen.