Ab Montag werden in Dölitz Asylbewerber ankommen / Erhöhung der Platz-Anzahl befürchtet
Von Jens Rometsch
Weit über 1000 Leipziger nutzten gestern die Chance, sich in der neuen
Erstaufnahme-Unterkunft des Freistaates Sachsen in der Friederikenstraße
37 umzusehen. Viele kamen mit Tüten oder Kartons voll Kleidung in die
ehemalige Ingenieurschule. "Wir haben schon einen Großcontainer mit
Spenden gefüllt", sagte Julia Bohn von den Malteser Werken, die das Haus
betreiben. "Unterwäsche, Socken, auch BHs für die Frauen, Mal- und
Schreibstifte oder Bälle für die Kinder können wir aber nie genug
haben." Weitere Spenden würden ab Montag, wenn die ersten Asylbewerber
in Dölitz eintreffen, rund um die Uhr angenommen. "Einfach an der Wache
melden, dann kommt sofort ein Betreuer."
Die 28-jährige Sozialwissenschaftlerin war schon in Sachsens erster
Erstaufnahme-Einrichtung in Chemnitz tätig. Nun hat also auch Leipzig so
eine Durchgangsstation, in der die Flüchtlinge Formalitäten erledigen
und etwa sechs Wochen bleiben, bevor sie den Städten und Kreisen
zugewiesen werden. 350 Personen fassen die über vier Etagen verteilten
Zimmer. In ihnen stehen gebrauchte Militärbetten, Stühle, ein Spind pro
Bewohner sowie ein leerer Militärkleiderschrank. Außer dem Gebetsraum
für Muslime, in dem bisher nur ein Teppich liegt, befinden sich die
Gemeinschaftsräume im Erdgeschoss. Dort gibt es zum Beispiel zwei
Tischtennis-Platten, ein Schulzimmer mit Tafel, den Gebetsraum für
Christen sowie zwei Kinderspielzimmer, die über einen eigenen Ausgang zu
dem großen grünen Hof samt Bolzplatz verfügen. Noch nicht bezugsfertig
sind die Wohncontainer auf dem mit Stacheldraht umzäunten Areal - in
ihnen kommen bald 80 Plätze hinzu, so Michael Feist, Vize-Präsident der
Landesdirektion. Er bekräftigte, dass der Freistaat das Objekt in Dölitz
auch nach 2017 - wenn eine Erstaufnahme-Einrichtung mit 700 Plätzen in
Gohlis fertig ist - als "Reserve" behalten wolle (die LVZ berichtete).
Vom großen Speisesaal bis zu den Mütter-Räumen zum Stillen - von den
Besuchern gab es durchweg Lob für die durchdachte, zweckmäßige
Ausstattung. Einige grummelten: "Ich möchte mal sehen, wie es hier in
vier Wochen aussieht." Die meisten jedoch wünschten sich wie Ingeburg
und Klaus Schulze aus Lößnig eine gute Nachbarschaft. "In Freital wurden
Flüchtlinge als Dreck beschimpft. Dafür habe ich mich sehr geschämt",
so die Seniorin. Leipziger Politiker wie Landtagsmitglied Juliane Nagel
(Linke) zollten dem Freistaat Respekt für den neuen Standort. Dass dort
vom ersten Tag an Deutsch-Unterricht angeboten wird, sei richtig.
Zugleich äußerte Nagel auch Befürchtungen, das Land könnte auf dem Areal
bald deutlich mehr als 430 Menschen einquartieren. "Damit würde das
gute Konzept hier bedroht."