Flüchtlinge kommen in Dresdner Zeltstadt an - NPD-Demo endet mit Gewalt

Erstveröffentlicht: 
25.07.2015

Bis zum späten Freitagabend sind laut Polizei etwa 470 Flüchtlinge in der Zeltstadt in Dresden-Friedrichstadt angekommen. Nach den gewalttätigen Ausschreitungen bei einer NPD-Demonstration gegen die Asylbewerber-Unterkunft hat es in der Nacht keine weiteren Zwischenfälle gegeben.

 

Dresden. Die von der NPD angemeldete Demo in Dresden gegen die neue Zeltstadt für Flüchtlinge endete am Freitag mit einem Gewaltausbruch der Rechten. Sie griffen am Abend Gegendemonstranten an. Knallkörper explodierten, es flogen Wurfgeschosse, unter anderem Flaschen. Drei Menschen wurden verletzt, darunter eine junge Frau, die stark blutend von Sanitätern versorgt werden musste. Etwa 200 Asylgegner standen 350 Gegendemonstranten gegenüber. Polizisten gingen dazwischen.

 

Wie die Beamten am Samstag mitteilten, wurde ein Mann festgenommen. In der Nacht hat es laut Behörde keine weiteren Zwischenfälle gegeben.

Gegen 22.30 Uhr kamen am Freitag die erste Flüchtlinge in fünf Reisebussen aus Chemnitz in der sächsischen Landeshauptstadt an. Sie wurden von 50 Personen und Plakaten mit der Aufschrift "Refugees are welcome here" begrüßt. Rund 470 Menschen haben laut Polizei. jetzt Quartier in den Zeltunterkünften bezogen.

 

In Dresden ist binnen 24 Stunden eine Zeltstadt für Flüchtlinge entstanden. Die Landesdirektion hatte am Donnerstag über die Einrichtung der Zeltunterkünfte in Dresden für bis zu 1100 Menschen informiert. Sachsen will an diesem Wochenende 800 Flüchtlinge vor allem aus Syrien in einer neu entstandenen Zeltstadt in Dresden aufnehmen. Bereits am Freitagabend werden die ersten 500 erwartet, gab der Präsident der Landesdirektion Sachsen, Dietrich Gökelmann, am Nachmittag bekannt. Wie viele am Ende wirklich eintreffen, sei aber noch unklar.

 

DRK-Helfer bedroht


Bei dem Standort handelt es sich um eine Brachfläche mitten in einem von Autohandel geprägten Gewerbestandort nahe des Alberthafens. Im direkten Umfeld existiert kaum Wohnbebauung. Die Anlieger sollten am Donnerstagabend mit Handzetteln informiert werden. Das direkt in der Nachbarschaft residierende Deutsche Rote Kreuz soll die Unterkunft betreiben.

 

Am Freitag verfolgten einige Schaulustige die Bauarbeiten, mittendrin auch Neonazis mit Bierflasche in der Hand und dem Schriftzug „Nationale Sozialisten“ auf dem T-Shirt. Einige waren dabei offenbar auch aus dem Dresdner Umland angereist. Bereits am Vorabend hatte die Polizei eine Gruppe von Rassisten abweisen müssen, die vor dem Grundstück Stellung bezogen hatten. Nach den Worten von DRK-Chef Rüdiger Unger waren Mitarbeiter der Hilfsorganisation am Donnerstagabend von Schaulustigen daran gehindert worden, Vorbereitungen für das Lager zu treffen. In einem Fall sei jemand sogar mit einem Auto auf einen DRK-Helfer zugefahren. „Ich habe so etwas noch nie erlebt“, sagte Unger. Allen müsse klar sein, dass man hier humanitäre Nothilfe leiste. 

 

Kritik zur Informationspolitik


Die Landesdirektion begründete am Donnerstag den Aufbau des Zeltlagers mit den erschöpften Aufnahmekapazitäten im Freistaat. Allein für das bevorstehende Wochenende würden wieder mehr als 1000 neue Asylsuchende erwartet. „Es wäre möglich – und nötig – gewesen, schon mit Beginn der Planungen die Stadt Dresden und die Öffentlichkeit zu informieren“, kritisierte die Linken-Landtagsabgeordnete Annkatrin Klepsch. „Angesichts der angespannten Situation und der brodelnden Proteste, mit der die Asylpolitik in Sachsen derzeit begleitet wird, ist jeder Tag, der für die Information der Bevölkerung zur Verfügung steht, wertvoll. Mit Überrumpelungsaktionen wie dieser aber hat die Landesdirektion der Stadt Dresden jede Möglichkeit genommen, die Errichtung der neuen Unterkunft angemessen kommunikativ zu begleiten.“

 

Michael Schmelich, sozialpolitischer Sprecher der Grünen im Stadtrat, bezeichnete die Informationspolitik des Freistaats als „skandalös“. „Das ist ein Kommunikationsgau. Es war vereinbart worden, dass die Stadt frühzeitig informiert wird“, erklärte er. Der Freistaat schaffe vollendete Tatsachen und lasse die Kommunen im Regen stehen. Die Unterbringung in Zelten sei die denkbar schlechteste Form. „Schuld daran hat der Freistaat, der den Bau einer Erstaufnahmeeinrichtung an der Stauffenbergallee aus meiner Sicht grundlos verzögert“, so Schmelich.

 

Vincent Drews, sozialpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, bezeichnete die Entscheidung der Landesdirektion für eine Zeltstadt als „aus fachlicher Sicht ärgerlich“. Dresden stehe vor der Aufgabe, die der Stadt zugewiesenen Flüchtlinge ordentlich unterzubringen. „Aber wir haben nur darauf Einfluss und nicht auf das, was der Freistaat gerade macht.“

 

sl/tbh/jv/agri/dpa