Geplante Flüchtlingsunterkunft in Remchingen (Enzkreis) ausgebrannt

Eine geplante Asylbewerberunterkunft in Remchingen (Enzkreis) ist in der Nacht zu Samstag vermutlich in Brand gesetzt worden. Zahlreiche Politiker verurteilten die Tat. Und die Bürger vor Ort setzten ein erstes Zeichen.

 

Das Feuer war gegen Mitternacht in einem leer stehenden Vereinsheim ausgebrochen. Ein Autofahrer hatte den Brand in dem Haus nahe der B10 bemerkt. Zwei Geschosse des dreistöckigen Gebäudes brannten aus. Ein Polizeisprecher berichtete von einer "enormen Hitzeentwicklung". Das Dach ist vollkommen zerstört. Schwarze Rußspuren an den Fenstern zeugen von der Heftigkeit des Feuers. Es entstand ein Schaden von rund 70.000 Euro, das Haus muss wohl abgerissen werden. Verletzt wurde niemand.

 

Die Gemeinde Remchingen hatte das Haus am Waldrand erst vor kurzem erworben. Nach der Renovierung sollten dort ab 2016 Flüchtlinge untergebracht werden.

 

Sonderkommission "Meilwiese" ermittelt

 

Polizei und Staatsanwaltschaft ermitteln wegen vorsätzlicher Brandstiftung gegen Unbekannt. Noch in der Nacht zum Samstag hatte die Kriminalpolizei Karlsruhe die 17-köpfige "Ermittlungsgruppe Meilwiese" gebildet, in die auch der Staatschutz eingebunden ist. Einen technischen Defekt konnten die Ermittler schnell ausschließen. Die Auswertung aller Spuren dauere jedoch bis mindestens Mitte kommender Woche, hieß es. Der Verdacht einer ausländerfeindlichen Tat liege zwar auf der Hand, mit Verdächtigungen ist der leitende Ermittler jedoch vorsichtig: "Die hiesigen Mitglieder der rechten Szene sind bisher ausschließlich mit sogenannten Propaganda-Delikten in Erscheinung getreten - etwa Zeigen des Hitler-Grußes oder Hakenkreuz-Schmierereien." Ein Haus anzuzünden sei jedoch eine neue Qualität.

 

Politiker: "Feige Tat", "Unerträglich"

 

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) verurteilte die Tat: "Wir werden alles daran setzen, den niederträchtigen Brandanschlag auf das geplante Flüchtlingsheim in Remchingen aufzuklären. Bei uns ist kein Platz für Hass und Ausgrenzung." Auch Innenminister Reinhold Gall (SPD) versprach Aufklärung. Die Polizei werde in der Region ihre Präsenz verstärken, sagte er. Integrationsministerin Bilkay Öney (SPD) machte sich am späten Samstagnachmittag persönlich ein Bild von der Brandstelle und ließ sich von der Polizei auf den aktuellen Stand der Ermittlungen bringen.

 

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) erklärte in Berlin: "Jeder Anschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft ist ein Angriff auf unsere Gesellschaft, ein Angriff auf uns alle. Wir müssen alles dafür tun, dass Flüchtlinge, die zu uns kommen und alles verloren haben, hier Schutz finden."

 

Die SPD-Bundestagsabgeordnete aus dem Enzkreis, Katja Mast, zeigte sich erschüttert und betonte: "Baden-Württemberg ist weltoffen und tolerant, auch wenn diese Tat das Bild trübt. Hunderte von Menschen engagieren sich im Enzkreis für Flüchtlinge und sorgen so für Mitmenschlichkeit und eine offene Willkommenskultur." Sie nannte den mutmaßlichen Brandanschlag eine "feige und durch nichts zu rechtfertigende kriminelle Tat".

 

CDU-Landeschef Thomas Strobl und CDU-Landtagsfraktionschef Guido Wolf teilten mit: "Wenn sich Gewalt gegen Asylbewerberheime richtet, ist das unerträglich. Es ist ein Zeichen von Fremdenhass und von Dummheit. Baden-Württemberg muss weiterhin eine Zuflucht für Flüchtlinge bleiben, deren Leib und Leben bedroht sind."

 

Solidaritätskundgebung im Ort für Flüchtlinge

 

Der Kreis sucht händeringend Wohnraum für Asylsuchende - allein im Juli seien 150 neue Flüchtlinge dazugekommen, teilte Landrat Karl Röckinger (parteilos) mit. Dieser zeigte sich ebenso betroffen und entsetzt über den Anschlag wie Bürgermeister Luca Prayon und zahlreiche Remchinger Bürger. Am Nachmittag fand in der Ortsmitte eine spontane Solidaritätskundgebung statt.

 

Ähnliche Brandanschläge in ganz Deutschland

 

Anschläge auf Flüchtlingsunterkünfte in Deutschland haben zugenommen.

 

Sollte sich der Brand als Anschlag herausstellen, so fügt er sich in eine Reihe ähnlicher Vorfälle in ganz Deutschland ein. Erst am Samstagfrüh brannte die Garage einer Flüchtlingsunterkunft im Kreis Aschaffenburg. Die Brandursache ist allerdings noch nicht geklärt. Im bayerischen Reichertshofen wurde in der Nacht zum Donnerstag ein Brandanschlag auf eine geplante Flüchtlingsunterkunft verübt. Dort fanden die Ermittler erste Hinweise auf einen Brandbeschleuniger.