Leipziger verteidigen die Symbole der Friedlichen Revolution

Erstveröffentlicht: 
17.02.2015

Legida-Bündnis zieht nur 650 Anhänger an / Gegendemonstranten laufen über den kompletten Ring

Von Klaus Staeubert, Jens Rometsch und Sabine Kreuz


Der fünfte Auftritt von Legida-Anhängern in Leipzig ist gestern Abend ruhig verlaufen. Nach Behördenangaben konnte das islamkritische Bündnis 650 Leute auf dem Platz vor der Oper versammeln. Eine von Legida angemeldete Demo auf dem Ring war von der Stadt hingegen aus Sicherheitsgründen untersagt worden, Gerichte bestätigten diese Entscheidung gestern. Fünf Gegendemonstrationen brachten es Augenzeugen zufolge auf 2000 Menschen.


Mit dem 18-Uhr-Glockenschlag der Nikolaikirche setzte sich nach dem Friedensgebet, an dem 350 Menschen teilnahmen, ein Demonstrationszug für ein weltoffenes Leipzig vom Nikolaikirchhof über die Reichsstraße auf den Innenstadtring in Bewegung. Zuvor war durch die Nikolaistraße bereits das studentische Bündnis "Legida? Läuft nicht!" mit 300 bis 400 Teilnehmern gezogen. Eine halbe Stunde später liefen die No-Legida-Sympathisanten am Augustusplatz vorbei. Es gab keinerlei Auseinandersetzungen mit den dort versammelten Legida-Anhängern, die von der Polizei abgeschirmt wurden. "Es ist wichtig, Montag für Montag zu zeigen, dass es in Leipzig ausreichend Menschen gibt, die sich für eine weltoffene Stadt der Vielfalt einsetzen", sagte der evangelische Superintendent Martin Henker, der den Demonstrationszug anführte. Mit ihm zogen schätzungsweise 600 bis 800 Menschen über den Ring. Sie trugen Kerzen und Transparente, viele mit der Aufschrift "Courage zeigen".


Die Gegendemonstranten zogen einmal komplett um den Ring und hielten am Richard-Wagner-Platz ihre Abschlusskundgebung ab. Frank Kimmerle vom Bündnis 8. Mai sagte, es sei wichtig, "dass die Symbole der Friedlichen Revolution - das Friedensgebet, die Nikolaikirche, der Ring und der Montag - in den Händen derer bleiben, die für ein Leipzig der Willkommenskultur stehen". Superintendent Henker lud zum Ende der Veranstaltung für nächsten Montag erneut ein. Der Verkehr auf dem Ring lief mehr oder weniger reibungslos, die Polizei sperrte ihn abschnittsweise ab. Auch die Straßenbahnen fuhren.


Auf dem Augustusplatz trafen kurz vor 19 Uhr - von Polizisten vom Hauptbahnhof aus über die Goethestraße begleitet - weitere Legida-Anhänger ein, darunter viele Hooligans und Auswärtige. Eine halbe Stunde später sprach der Chef des Anti-Islam-Bündnisses, Silvio Rösler. Er hielt unter anderem eine kurze Ansprache auf Russisch, machte für die Probleme zwischen Russen und Ukrainern die USA verantwortlich. "Ami, go home", schallte es aus der Anhängerschaft. Röslers neuer Vize Markus Johnke, eigenen Angaben zufolge Discjockey und Internethändler, erklärte, dass Legida seit gestern ein eingetragener Verein sei. Im Anschluss wurden die so genannten "Dresdner Thesen" verlesen.


Derweil zogen auf der anderen Seite des Augustusplatzes 300 Anhänger der Satire-Partei "Die Partei" eine skurril-schräge Demonstration durch. So gab es eine Ansprache auf Tschechisch. Direkt am Polizeikordon, der in der Mitte des Augustusplatzes verlief, versammelten sich etwa 700 No-Legida-Sympathisanten. Sie versuchten lautstark, die Kundgebung vor der Oper zu stören. Die Versammlungsbehörde sprach am späten Abend von insgesamt nur 600 Legida-Gegnern.


Die Bundespolizei überwachte mit 300 Beamten Bahnanlagen in und um Leipzig. "Bei der An- und Abreise der Demonstranten gab es keinerlei Vorkommnisse", sagte Sprecher Jens Damrau. Das Konzept, insbesondere Haltepunkte, Streckenabschnitte und den Hauptbahnhof ins Visier zu nehmen, sei aufgegangen. Bei zwei vorangegangenen Legida-Demos war es zu Anschlägen auf Bahnanlagen gekommen. Bis Redaktionsschluss blieben laut Polizeisprecherin Katharina Geyer befürchtete Krawalle aus. Die Ordnungshüter waren mit 15 Hundertschaften im Einsatz, nahmen sieben Strafanzeigen wegen Körperverletzung, Sachbeschädigung und Verstößen gegen das Versammlungsgesetz auf. Bereits in der Nacht zum Montag war auf den Volvo des Legida-Rechtsanwaltes in Grimma ein Anschlag verübt worden. Unbekannte hatten Seiten-Scheiben eingeschlagen, die Frontscheibe mit brauner Farbe beschmiert, das Kennzeichen abgerissen.