Leipzig. Die Entscheidung kommt überraschend: Die für Montag geplant Demo von Legida ist am Samstag untersagt worden. Als Begründung gab die Stadt einen polizeilichen Notstand an – es stünden laut Innenministerium nicht genug Kräfte zur Absicherung zur Verfügung. Dabei hatten die Islamgegner mit weniger Teilnehmern als bei ihren vergangenen drei Aufmärschen gerechnet. Die Absage war nach Informationen von LVZ-Online im Rathaus höchst umstritten. Sogar Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) hatte sich im Vorfeld persönlich für eine Durchführung der Demo eingesetzt.
Um 14.27 Uhr am Samstag versendete Stadtsprecher Matthias Hasberg folgende E-Mail an die Medien: „Die polizeiliche Absicherung des angemeldeten Aufzugs von Legida am kommenden Montag, 9.2.2015, ist nach Aussage des sächsischen Innenministeriums nicht zu gewährleisten. Die notwendigen Polizeikräfte könnten in Leipzig nicht zur Verfügung gestellt werden. Die Stadt Leipzig als Versammlungsbehörde ist daher gezwungen, die für Montag angemeldete Legida-Demonstration aus Sicherheitsgründen zu untersagen.“
3100 Polizisten benötigt – aber nur 800 verfügbar
Wie es in der LVZ-Online vorliegenden Lageeinschätzung der Leipziger
Polizei heißt, würden am Montag 31 Hundertschaften benötigt. Verfügbar
seien unter anderem aufgrund der Pegida-Demo in Dresden jedoch maximal
acht Hundertschaften. Diese würden jedoch in Leipzig weder zur
Absicherung einer Kundgebung, „geschweige denn eines Aufzugs“
ausreichen. Bei den vergangenen Aufmärschen waren bis zu 4500 Polizisten
aus dem gesamten Bundesgebiet im Einsatz, um Demonstration von
geschätzt maximal 5000 Legida-Anhängern abzusichern.
OBM Jung,
der das Verbot als einen „schwerwiegenden Eingriff “ in die
Versammlungsfreiheit bezeichnete, hatte die drohende Absage mit einem
Brief an Innenminister Markus Ulbig (CDU) zuvor noch verhindern wollen.
Er teilte ihm bereits am Freitag seine Bedenken mit.
Landespolizeipräsident Jürgen Georgie schob in Ulbigs Auftrag den
schwarzen Peter jedoch zurück an die Stadt. Er schrieb in seiner
LVZ-Online vorliegenden Antwort am Samstag, dass die Entscheidung über
die Absage bei der Stadt liege – und in anderen Städten trotz ebenfalls
angespannter Kräftesituation bei der Polizei demonstriert werden dürfe.
Polizei: „Gefährdungspotenzial nicht beherrschbar“
Ein solches Risiko ist Jung nicht bereit einzugehen. „Wir können nicht
irgendwas genehmigen, in dem Wissen, dass die Sicherheit nicht
gewährleistet werden kann“, erklärte Stadtsprecher Hasberg gegenüber
LVZ-Online. „Wenn dann was passiert, ist der Teufel los.“ Zumal die
Polizei ein „hohes Aggressionspotenzial“ bei den Legida-Demonstranten
ausgemacht hatte. Bem letzten Aufmarsch seien „300 aktiv gewaltsuchende
Personen aus dem Fußballmilieu“ dabei gewesen, heißt es im Lagebericht.
Die 2000 Polizeikräfte hätten nicht ausgereicht, um Auseinandersetzungen
zwischen den Lagern zu verhindern.
Die 31 Hundertschaften am
Montag seien auch deshalb nötig, weil sich Legida-Anhänger aus Wut über
die Demoauflagen nach Erkenntnissen der Polizei unter die
Gegendemonstranten mischen wollten, um den „Dialog“ zu suchen. Dieses
„Gefährdungspotenzial“ sei mit den zur Verfügung stehenden Kräften
„nicht beherrschbar“, so die Einschätzung. Bei Facebook habe es auf der
Seite von Legida geheißen: „Dann möchte ich den Merbitz und den Jung mal
sehen, wie sie da noch ein Sicherheitskonzept umsetzen wollen!“
Gegendemos dürfen stattfinden - Legida kündigt Widerspruch an
Die fünf angemeldeten Gegenveranstaltungen in Leipzig, darunter ein
Pilgerweg um den Ring, sind von dem Verbot nicht betroffen, wie Hasberg
betonte. „Die Polizei hat ausdrücklich erklärt, dass sie nur zur
Absicherung von Legida die Kräfte nicht hat“, erklärte der Stadtsprecher
gegenüber LVZ-Online. Auch die ebenfalls für Montag in Dresden und
Chemnitz angemeldeten Pegida- und Cegida-Demonstrationen sollen aller
Voraussicht nach stattfinden – mitentscheidend war offenbar, dass diese
früher angemeldet worden waren.
Ob die Absage der Legida-Demo
Bestand haben wird, bleibt jedoch abzuwarten. Legida kündigte bereits
an, gegen den Bescheid vorzugehen und sprach bei Facebook von
„staatlicher Willkür in Reinkultur“. Man lasse sich vom
Oberbürgermeister „nicht aus der Stadt vertreiben“, hieß es. Es wird
damit gerechnet, dass die Anmelder die Entscheidung vor dem
Verwaltungsgericht anfechten. Auch in der Vergangenheit war das Bündnis
gegen Auflagenbescheide vorgegangen – jedoch ohne Erfolg.
Am
Montag wollte Legida („Leipzig gegen die Islamisierung des Abendlandes“)
ab 19 Uhr auf dem Augustusplatz demonstrieren und rechnete beim vierten
"Abendspaziergang" mit 5000 bis 10.000 Teilnehmern. Die von der Stadt
genehmigte Marschroute sollte über den Georgiring zum Willy-Brandt-Platz
am Hauptbahnhof und wieder zurück führen. Nach der Absage in der
Vorwoche hatte das Bündnis angekündigt, künftig alle zwei Wochen jeweils
montags auf die Straße gehen zu wollen.