„Dann ist der Teufel los“: Darum wurde die Legida-Demo in Leipzig verboten

Erstveröffentlicht: 
07.02.2015

Leipzig. Die Entscheidung kommt überraschend: Die für Montag geplant Demo von Legida ist am Samstag untersagt worden. Als Begründung gab die Stadt einen polizeilichen Notstand an – es stünden laut Innenministerium nicht genug Kräfte zur Absicherung zur Verfügung. Dabei hatten die Islamgegner mit weniger Teilnehmern als bei ihren vergangenen drei Aufmärschen gerechnet. Die Absage war nach Informationen von LVZ-Online im Rathaus höchst umstritten. Sogar Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) hatte sich im Vorfeld persönlich für eine Durchführung der Demo eingesetzt.

 

Um 14.27 Uhr am Samstag versendete Stadtsprecher Matthias Hasberg folgende E-Mail an die Medien: „Die polizeiliche Absicherung des angemeldeten Aufzugs von Legida am kommenden Montag, 9.2.2015, ist nach Aussage des sächsischen Innenministeriums nicht zu gewährleisten. Die notwendigen Polizeikräfte könnten in Leipzig nicht zur Verfügung gestellt werden. Die Stadt Leipzig als Versammlungsbehörde ist daher gezwungen, die für Montag angemeldete Legida-Demonstration aus Sicherheitsgründen zu untersagen.“

 

3100 Polizisten benötigt – aber nur 800 verfügbar


Wie es in der LVZ-Online vorliegenden Lageeinschätzung der Leipziger Polizei heißt, würden am Montag 31 Hundertschaften benötigt. Verfügbar seien unter anderem aufgrund der Pegida-Demo in Dresden jedoch maximal acht  Hundertschaften. Diese würden jedoch in Leipzig weder zur Absicherung einer Kundgebung, „geschweige denn eines Aufzugs“ ausreichen. Bei den vergangenen Aufmärschen waren bis zu 4500 Polizisten aus dem gesamten Bundesgebiet im Einsatz, um Demonstration von geschätzt maximal 5000 Legida-Anhängern abzusichern.

OBM Jung, der das Verbot als einen „schwerwiegenden Eingriff “ in die Versammlungsfreiheit bezeichnete, hatte die drohende Absage mit einem Brief an Innenminister Markus Ulbig (CDU) zuvor noch verhindern wollen. Er teilte ihm bereits am Freitag seine Bedenken mit. Landespolizeipräsident Jürgen Georgie schob in Ulbigs Auftrag den schwarzen Peter jedoch zurück an die Stadt. Er schrieb in seiner LVZ-Online vorliegenden Antwort am Samstag, dass die Entscheidung über die Absage bei der Stadt liege – und in anderen Städten trotz ebenfalls angespannter Kräftesituation bei der Polizei demonstriert werden dürfe.

 

Polizei: „Gefährdungspotenzial nicht beherrschbar“


Ein solches Risiko ist Jung nicht bereit einzugehen. „Wir können nicht irgendwas genehmigen, in dem Wissen, dass die Sicherheit nicht gewährleistet werden kann“, erklärte Stadtsprecher Hasberg gegenüber LVZ-Online. „Wenn dann was passiert, ist der Teufel los.“ Zumal die Polizei ein „hohes Aggressionspotenzial“ bei den Legida-Demonstranten ausgemacht hatte. Bem letzten Aufmarsch seien „300 aktiv gewaltsuchende Personen aus dem Fußballmilieu“ dabei gewesen, heißt es im Lagebericht. Die 2000 Polizeikräfte hätten nicht ausgereicht, um Auseinandersetzungen zwischen den Lagern zu verhindern.

Die 31 Hundertschaften am Montag seien auch deshalb nötig, weil sich Legida-Anhänger aus Wut über die Demoauflagen nach Erkenntnissen der Polizei unter die Gegendemonstranten mischen wollten, um den „Dialog“ zu suchen. Dieses „Gefährdungspotenzial“ sei mit den zur Verfügung stehenden Kräften „nicht beherrschbar“, so die Einschätzung. Bei Facebook habe es auf der Seite von Legida geheißen: „Dann möchte ich den Merbitz und den Jung mal sehen, wie sie da noch ein Sicherheitskonzept umsetzen wollen!“

Gegendemos dürfen stattfinden - Legida kündigt Widerspruch an


Die fünf angemeldeten Gegenveranstaltungen in Leipzig, darunter ein Pilgerweg um den Ring, sind von dem Verbot nicht betroffen, wie Hasberg betonte. „Die Polizei hat ausdrücklich erklärt, dass sie nur zur Absicherung von Legida die Kräfte nicht hat“, erklärte der Stadtsprecher gegenüber LVZ-Online. Auch die ebenfalls für Montag in Dresden und Chemnitz angemeldeten Pegida- und Cegida-Demonstrationen sollen aller Voraussicht nach stattfinden – mitentscheidend war offenbar, dass diese früher angemeldet worden waren.

Ob die Absage der Legida-Demo Bestand haben wird, bleibt jedoch abzuwarten. Legida kündigte bereits an, gegen den Bescheid vorzugehen und sprach bei Facebook von „staatlicher Willkür in Reinkultur“. Man lasse sich vom Oberbürgermeister „nicht aus der Stadt vertreiben“, hieß es. Es wird damit gerechnet, dass die Anmelder die Entscheidung vor dem Verwaltungsgericht anfechten. Auch in der Vergangenheit war das Bündnis gegen Auflagenbescheide vorgegangen – jedoch ohne Erfolg.

Am Montag wollte Legida („Leipzig gegen die Islamisierung des Abendlandes“) ab 19 Uhr auf dem Augustusplatz demonstrieren und rechnete beim vierten "Abendspaziergang" mit 5000 bis 10.000 Teilnehmern. Die von der Stadt genehmigte Marschroute sollte über den Georgiring zum Willy-Brandt-Platz am Hauptbahnhof und wieder zurück führen. Nach der Absage in der Vorwoche hatte das Bündnis angekündigt, künftig alle zwei Wochen jeweils montags auf die Straße gehen zu wollen.