Kritik aus den eigenen Reihen – Innenminister verteidigt Roma-Abschiebung

Erstveröffentlicht: 
06.02.2015

In den Regierungsparteien wächst die Kritik am Vorgehen der Behörden im Fall Ametovic. Das Innenministerium rechtfertigt die Abschiebung.

 

Freiburg Nach der Abschiebung einer Roma-Familie mit sechs kleinen Kindern wächst die Kritik an der grün-roten Landesregierung in den eigenen Reihen. Die Grünen-Politikerin Beate Böhlen warf dem Innenministerium vor, die Zusage eines Stopps von Abschiebungen im Winter gebrochen zu haben. Bis zum 19. März werde es keine Abschiebungen geben, habe das Ministerium ihr gegenüber geäußert, sagte die Vorsitzende des Petitionsausschusses des Landtags. Innenminister Reinhold Gall (SPD) wies das zurück. "Diese Äußerung trifft nicht zu", teilte er mit.

 

Auch die Gemeinderatsfraktionen von SPD und Grünen in Freiburg erklärten, sie seien davon ausgegangen, dass es im Januar und Februar keine Abschiebungen geben solle. Im Fall der Familie Ametovic sei ein ausführlicher Härtefallantrag "wegen dieser Fehlinformationen zu spät eingereicht" worden. "Das Vorgehen der Landesregierung ist uns unerklärlich", kritisierten die Fraktionen in einem Schreiben an Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und Gall.

 

Der Innenminister sagte, er habe im Dezember öffentlich den Winterabschiebe-Stopp für untauglich erklärt. Die Rückführung der Familie sei zumutbar gewesen. Diese habe keine Probleme bei der medizinischen Versorgung und bekomme zum Teil Sozialhilfe", sagte Gall.

 

Ametovics Unterstützer wiesen dies als falsch zurück. Die Aussagen der Familie seien glaubwürdig, sagte der Geschäftsführer des Jugendhilfswerks Freiburg (JHW), Carlos Mari. JHW-Mitarbeiter hatten die Familie in Serbien besucht und von einer desolaten Unterbringung berichtet. Die Familie sei völlig mittellos und habe noch nicht einmal eine Fahrkarte für die Bahnfahrt in ihren früheren Wohnort erhalten.

 

Weder Kretschmann noch Gall hätten dem JHW auf die übersandten Berichte zum Schicksal der Familie geantwortet, sagte Mari. Die Regierungsparteien hätten im Verfahren im Petitionsausschuss eine Duldung gewährleisten können, so der JHW-Geschäftsführer. Er könne daher nicht verstehen, "wenn einige Grüne sich jetzt hinstellen und Krokodilstränen weinen".

 

Böhlen forderte das Innenministerium auf, die Kriterien für die Gesundheitsprüfung für von Abschiebung bedrohte Menschen transparent zu machen. Dies erwarte sie bei der Sitzung des Petitionsausschusses am 4. März.