Am Samstag, den 31.01.2015 fand der sogenannte "Tollensemarsch" zum nunmehr 12ten Mal in Mecklenburg-Vorpommern statt. Im Gegensatz zu den Vorjahren wo noch bis zu hundert Neonazis an der Veranstaltung teilnahmen, kamen zum diesjährigen "Neonazi-Leistungsmarsch" nur etwa 20 TeilnehmerInnen ins Neubrandenburger Umland.
David Petereit, stellvertretender Landesvorsitzender der NPD Mecklenburg-Vorpommerns und Bindeglied zur parteiunabhängigen Neonaziszene schien sichtlich enttäuscht. Der Mitorganisator des sogenannten "Tollensemarsches" konnte am vergangenen Wochenende nur eine Handvoll TeilnehmerInnen anläßlich des jährlich stattfindenen "Leistungsmarsches" begrüßen. Hatten in der Vergangenheit noch bis zu 100 Neonazis an der Veranstaltung teilgenommen, zeichnete sich der diesjährige "Tollensemarsch" vor allem durch eine mangelnde Mobilisierungsfähigkeit aus.
Seid dem Jahr 2004 versucht die Neonaziszene den "Tollensemarsch" zu einem regelmäßigen Event und zu einem festen Bestandteil der Erlebniswelt Neonazismus aufzubauen. Insebsondere AnhängerInnen des völkischen Neonazispektrums wie beispielsweise AktivistInnen der 2009 verbotenen "Heimattreuen Deutschen Jugend" (HDJ) und später der JN-Unterorganisation "IG Fahrt & Lager" gehörten in den vergangenen Jahren zu den regelmäßigen TeilnehmerInnen der konspirativ organisierten Veranstaltung. Hier konnten szeneintern Leistungsabzeichen errungen und Diziplin vermittelt werden. Doch angesichts der nun zurückgegangenen Anzahl an TeilnehmerInnen scheint die "Herausforderung" des 40-Kilometer Leistungsmarsches inzwischen eher abschreckende als verbindene Wirkung zu entfalten.
Auch die "Jungen Nationaldemokraten" (JN) verzichteten am vergangenen Wochenende auf eine größere Teilnahme ihres Stammpersonals. Lediglich einzelne Mitglieder wie Friedrich Tinz aus Satow, ehemals Aktivist der "Heimattreuen Deutschen Jugend" (HDJ) nahmen an der Veranstaltung teil. Und dies obwohl mit Sebastian Richter ein Vertreter des völkischen JN-Flügels und Aktivist der "IG Fahrt & Lager" zuletzt zum Bundesvorsitzenden der NPD Jugendorganisation gewählt wurde. Der ebenfalls in Mecklenburg-Vorpommern wohnhafte Richter blieb der Veranstaltung ebenso fern wie andere führende VertreterInnen des
völkischen JN-Flügels.
Auch überregional stieß die "Traditionsveranstaltung" auf wenig Gegeninteresse. Aus der Region Bremen konnte zwar mit Henrik Ostendorf, dem Macher der Neonazipostille "Ein Fähnlein" ein umtriebiger Neonaziaktivist begrüßt werden, aber damit erschöpfte sich das überregionale Mobilisierungspotential bereits. Der Bruder des "Kategorie C" Sängers Hannes Ostendorf engagierte sich zuletzt primär im organisatorischen Kreis der "HoGeSa" (Hooligans gegen Salafisten), gehört dort zu den strategischen Köpfen.
Ebenfalls am Tollensesee zugegen war der ehemalige niedersächsische JN-Landesvorsitzende Daniel Fürstenberg. In dessen Führungs-Ägide stürzten die Strukturen der JN Niedersachsen in ein finanzielles Chaos. Die Organisationsstrukturen der niedersächsischen NPD-Jugend blieben bis zu seiner Abwahl im Jahr 2009 nahezu handlungsunfähig. Der derzeitig beim Syker Sicherheitsunternehmen "OKS Event Security" tätige Fürstenberg zog sich in den vergangenen Jahren weitestgehend aus der Öffentlichkeit zurück und engagierte sich zunehmend im Hooligan-Milleu der Hansestadt. Dort agiert er im Umfeld der neonazistischen
Hooligangruppe "Nordsturm Bremen".
Inwieweit die zurückgehende Mobilisierungsfähigkeit die Zukunft des jährlichen "Neonazi-Leistungsmarsches" beeinflussen wird bleibt abzuwarten. Von einem jährlichen Event, mit hoher Anziehungskraft scheint die Szene weiter entfernt als jemals zuvor.
Bilderstrecke des "Tollensemarsches":