Dresden. Staatsregierung und Kommunen in Sachsen wollen bei der Bewältigung des zunehmenden Flüchtlingszustroms stärker an einem Strang ziehen. Bei einer Asyl-Konferenz sei die Einrichtung eines „Lenkungsausschusses Asyl“ ins Leben gerufen worden, der die Struktur zur Lösung der Probleme bei der Unterbringung und Integration von Asylbewerbern schaffen soll. Das sagten die neue Staatsministerin für Gleichstellung und Integration, Petra Köpping (SPD), und Innenminister Markus Ulbig (CDU) am Dienstag nach dem Asyl-Gipfel am Vorabend in der Staatskanzlei.
Auch Kirchen, Verbände und Kammern sollten in einem „Verbändegespräch
Asyl“ stärker eingebunden werden. Der Lenkungsausschuss werde Anfang
Dezember erstmals zusammenkommen. Ihm gehören neben dem Sächsischen
Städte- und Gemeindetag (SSG) und dem Sächsischen Landkreistag (LKT)
auch Vertreter des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF)
sowie des in Sachsen für die Erstaufnahme zuständigen Malteser
Hilfsdienstes an. Der Ausschuss solle das Gremium sein, „wo wir
gemeinsam mit dem genannten Personenkreis Festlegungen und
Handlungsrichtlinien erarbeiten wollen“, sagte Köpping. Künftig solle er
monatlich zusammenkommen.
Kommunen fordern mehr Unterstützung
Die
Kommunen zeigten sich zufrieden mit dem Asyl-Gipfel. „Nun kommt es
darauf an, zügig die richtigen Ergebnisse zu erzielen, damit die
Asylbewerber menschenwürdig untergebracht und dabei die Kommunen und die
aufnehmende Bevölkerung nicht überfordert werden“, erklärte Tassilo
Lenk (CDU), SLKT-Präsident und Landrat des Vogtlandkreises. Die Dresdner
Oberbürgermeisterin und SSG-Vizepräsidentin Helma Orosz (CDU) betonte,
„die Kommunen benötigen mehr Unterstützung bei den Investitionen zur
Asylbewerberunterbringung, bei der gesundheitlichen Versorgung und bei
der sozialen Betreuung von Asylbewerbern.“
Die Opposition
bemängelte die Ergebnisse. Die Maßnahmen kämen zu spät, meinte die
migrationspolitische Sprecherin der Linken, Juliane Nagel. Die
steigenden Flüchtlingszahlen seien absehbar gewesen. Das späte Handeln
habe nicht zuletzt Konflikte heraufbeschworen worden, „die den Unmut aus
der Bevölkerung gegen die schutzsuchenden Menschen noch verstärkt
haben“, so Nagel weiter. Ihre Grünen-Kollegin Petra Zais erklärte,
„anstatt Parallelstrukturen zu schaffen, sollten die Kräfte gebündelt
werden“. Laut Ulbig wird Sachsen in diesem Jahr voraussichtlich 11.000
Asylbewerber aufnehmen. 2013 waren es knapp 6800. Und für das nächste
Jahr gehe das BAMF von weiter steigenden Zahlen aus.
Innenminister plant lediglich 450.000 Euro über drei Jahre für Integrationskurse ein
Die
von ihm am Vortag angekündigte Bildung spezieller
Polizei-Ermittlungseinheiten für straffällige Asylbewerber verteidigte
er gegen Kritik. Sie seien nötig, um Konflikte von Straf- und Asylrecht,
die in der Konsequenz zu einem verlängerten Aufenthalt von
Intensivtätern führten, zu vermeiden. Als solche Intensivtäter seien
etwa drei Prozent der Asylbewerber in Sachsen zu sehen, was einer Gruppe
von etwa 160 bis 170 Personen entspreche.
Als
Integrationsansätze nannte Ulbig ein flächendeckendes Angebot von
Deutschkursen für Asylbewerber an den Volkshochschulen, für das der
Freistaat in den kommenden drei Jahren 450.000 Euro bereitstellen wolle,
die Einbeziehung der Sportvereine und die Stärkung der interkulturellen
Kompetenz der Mitarbeiter in der Verwaltung. Dass mehr zur Stärkung der
Sprachkompetenz und zur sozialen Eingliederung getan werden müsse,
forderte Sachsens Ausländerbeauftragte
Martin Gillo bereits im Oktober im Interview mit LVZ-Online
.
Ulbig will mit "Patriotischen Europäern" in Dialog treten
„Wir wissen, dass das Problem der Flüchtlinge, der Asylbewerber, ein
zunehmendes Problem ist in der äußeren Wahrnehmung“, sagte Köpping.
Deshalb müsse man auch mit der Bevölkerung ins Gespräch kommen.
Zeitgleich zur Asyl-Konferenz waren am Montagabend in Dresden rund 5500
Menschen dem Aufruf des Bündnisses „Patriotische Europäer gegen die
Islamisierung des Abendlandes“ (Pegida) gefolgt und unter anderem für
eine Verschärfung der Aufnahmeregelungen von Flüchtlingen auf die Straße
gegangen.
Von den zunehmenden Protesten sehe sich die
Staatsregierung aber nicht getrieben, sagte Ulbig. Im Zusammenhang mit
den Organisatoren der
Pegida-Demo
und deren Umfeld sprach er von „Rattenfängern“. „Da sieht man natürlich
Hooligans, da sieht man natürlich NPD-Leute, und da sieht man
AfD-Leute.“ Aber man könne nicht pauschal sagen, „dass das alles
Rechtsextreme sind, die dort hingehen.“ Deshalb seien Dialogansätze
wichtig, „dass wir zumindest diejenigen, die aus einer ernsthaften Sorge
heraus dorthin gehen, von diesen Veranstaltungen wieder wegbekommen.“
Am Montag sagte Sachsens Innenminister gegenüber Spiegel-Online noch:
"Ich halte es für gefährlich, wenn hier die üblichen Antifa-Reflexe
kommen." Und weiter: "Ich denke, man kann bei dieser Konstellation nicht
pauschal gegen Demonstranten sein, die ihre Meinung sagen."