„Wenn’s gilt, halten die Ellwanger zusammen“ – Bürgerinnen und Bürger möchten Flüchtlingen einen sicheren Hafen bieten

Erstveröffentlicht: 
03.10.2014

Ellwangen sz Bei der Bürgerinformation am Mittwochabend in der Ellwanger Stadthalle haben Baden-Württembergs Integrationsministerin Bilkay Öney, Ministerialdirigent Wolf-Dietrich Hammann, oberster Beamter in Öneys Ministerium, Landrat Klaus Pavel und Oberbürgermeister Karl Hilsenbek über die in der Reinhardt-Kaserne geplante Landeserstaufnahmestelle für Flüchtlinge (LEA) unterrichtet (wir berichteten). Klare Worte wirkten Vorbehalten und Bedenken der Bürger entgegen, sodass die anschließende Diskussion weitgehend sachlich verlief.

 

Hermann Betz, Vorsitzender des Seniorenrats Ellwangen, wies darauf hin, wie wichtig eine kompetente Aufsicht vor Ort sei. Stadtrat Hans-Peter Krämer regte bei dieser für die Stadt so bedeutsamen Weichenstellung einen Bürgerentscheid an. Dem erteilte Hammann eine klare Absage: Unterbringung und Betreuung von Asylbewerbern und Flüchtlingen seien eine hoheitliche Aufgabe des Landes. Die Politik entscheide. Krämers Versuch, dem Podium die Zusage abzuringen, die Ellwanger Landeserstaufnahmestelle werde nach Ablauf der Fünfjahresfrist definitiv als erste geschlossen, blieb erfolglos.

 

Der Schrezheimer Jürgen Vaas erklärte, er habe keine Vorbehalte gegen Flüchtlinge: „Aber sie haben eine andere Mentalität, eine andere Kultur und sind nicht Menschen wie du und ich“, gab Vaas zu bedenken. Regeln seien wichtig. Er wolle keine „marodierenden Gruppen“ von Flüchtlingen auf Ellwangens Straßen erleben und habe Angst vor Vergeltung der IS-Terroristen. Unmut machte sich im Saal breit.

 

Opfer, keine Täter

 

Öney konterte, die Flüchtlinge seien zunächst einmal Opfer, keine Täter, und plädierte für ein Verbot des Islamischen Staats in Deutschland. Renate Huober vom Ellwanger Freundeskreis Asyl warnte, Schutz suchende Menschen pauschal als kriminell zu verunglimpfen. „Wir dürfen nicht aus Angst vor dem IS Hilfe verweigern“, meinte Matthias Kucharz vom Fotostudio Phositiv. Rainer Fünfgelder, Wirtschaftsbeauftragter des Ostalbkreises, beruhigte die aufgebrachten Gemüter. Er führte aus, in der Kaserne sei sowohl Platz für die LEA als auch für Bildungs- und Forschungseinrichtungen.

 

Hilsenbek will in Kürze bei Wissenschaftsministerin Theresia Bauer wegen der Nutzung der Kaserne als Bildungscampus vorsprechen und schlug dem Land als erstes Entgegenkommen vor, das Ellwanger Gefängnis nicht zu schließen. Auf die Frage von Ulrich Betzold, wie die Ellwanger traumatisierten Menschen helfen können, antwortete Hammann: „Sie an die Hand nehmen, mit ihnen Deutsch lernen.“

 

Oberbürgermeister Karl Hilsenbek fasste zusammen: 500 Flüchtlinge als Regelbelegung der auf fünf Jahre befristeten LEA, Ausbau der Sportstätten der Kaserne auf Kosten des Landes, um von LEA-Bewohnern und örtlichen Vereinen gemeinsam genutzt zu werden. „Wenn’s gilt, dann halten die Ellwanger zusammen“, bilanzierte Hilsenbek. Das haben sie am Mittwoch bewiesen.