Contre la célébration de la tristesse

Deutschland ist das notwendige Unvermögen zu Feiern
1934 liess die NSDAP in Hannover einen See ausgraben. Die Säule des Fackelträgers am Nordufer trägt folgende Inschrift: „Wille zum Aufbau gab werkfrohen Händen den Segen der Arbeit – Freude, Gesundheit und Kraft spende fortan auch der See.“1 Heute trägt der Reichsadler am Fuß des Denkmals kein Hakenkreuz mehr im Siegeskranz (sei es vereinzelt als schäbige Schmierei). Die Menschenvernichtung ist vorerst auf Eis, die Stimmung bleibt so monumental wie trist.


Genau hier wird im Oktober krampfhaft versucht, was im Sommer misslingt, und auch gemeinhin zu scheitern verurteilt ist: Den Alltag mit einem Stahlbad aus Fun zu übertünchen, um dadurch aus ihm zu fliehen. 
An den Gläsern wird hart gearbeitet. Mengen spaßverzehrter Gesichter werden mit einer Panik, die sie für Euphorie halten mögen, um die schäbigen Fress- und Saufbuden stolpern. Der falsche Alltag wird die Flucht nicht nur notwendig einholen, sondern gibt sein Kommanda im 4/4 Bass. Es ist ein Todes-Suff in Schwarz-Rot-Gold, Einheitsfeier, Hannover, Deutschland 2014.

 

Joachim Gauck sagt, es wäre manchmal angemessen, für diesen Alltag zu sterben. Richtig erkannt hat er dabei, dass Staat und Demokratie eben etwas anderes ist als Wohlergehen.2 Vermutlich werden irgendwann Gaucks Schwarze Hefte erscheinen, und der Feuilleton wird überrascht tun.

Angela Merkel verkündet dazu den Alternativlosen Sachzwang. Der Inhalt dieser Regentschaft zeigt, wie sehr dieser Vibe harmoniert mit dem Arrangement des deutschen Volkes und dem Engagement des Deutschen. Die Finanzkrise liess das deutsche Volk wie einen Mann zur Werkbank eilen. In blühenden Landschaften wächst so zusammen, was notwendig zusammen gehört: Deutschland und armseelige Arbeit.

Unter dem Sachzwang der Alternativlosigkeit lässt sich dann auch der Armutslohn als deutscher Erfolgsexport und das feuchte Massengrab im Mittelmeer nicht nur scheinbar rechtfertigen, sondern herausbrüllen: Deutschland ist Kriseneuropameister! Der Export deutscher Ingenieurskunst und Wertarbeit schafft damit heute das, was weder Wilhelms Flotte noch Hitlers Jagdtiger vergönnt war.

 

Wobei es Hoffnung gibt: Burnout-Syndrom und Depression verkaufen sich mittlerweile besser als die Böhsen Onkelz. Dazu höhlt sich (abseits islamistischer Irrer, dem Hype der Saison) die politische Ideologie als solche aus, und findet gruppendynamisch langsam nicht mehr statt.3
Es lässt sich also hoffen, dass sich diese Sinnkrise auf die politische Ökonomie im Inland und Ausland ausweitet, bevor ihre immanente Krise manifest wird. Die Regale sind überfüllt, nicht obwohl, sondern gerade weil es sich keiner leisten kann. Die Deutschen rennen im Hamsterrad um die Wette. Zur Einheitsfeier tragen sie ihr bestes Hemd von Primark. Dem Glück bleiben sie fremd. Der Betriebsausflug am 3. Oktober ist der Versuch, die Unfähigkeit zum Feiern zu feiern.

 

Wir möchten euch hiermit ein Angebot machen, wie man den Schuppen Kapitalistischer Nationalstaat Deutschland sein lässt (sei es BRD, DDR, NS, Weimarer Republik oder Kaiserreich), und euch zu einer Sause auf dem Dach des Werksgeländes einladen. Wir drehen die Regler aber erst auf, wenn die Barbarenparty eingesehen hat, wie schlecht sie ist. Unsere Bedingungen zum Eintritt in die befreite Gesellschaft findet ihr hier:

 

  1. Souveränität der ersten Person statt des nationalen Zwangskollektivs. Jede_r soll selbst entscheiden dürfen, was er_sie_es an Zumutung erträgt, und was nicht.

  2. Unbedingtes Eigentum an eigener Arbeitskraft und Lebenszeit statt unbedingtem Eigentum an Dingen, seien sie materieller oder ideeller Art.

  3. Weltweiter Generalstreik als Normalzustand der befreiten Gesellschaft statt demokratischer Massenpanik und Zwang zum Arbeitswahn zwischen Staat, Nation, Kapital und Patriachat.

 

Es ist nur meine Revolution, wenn ich tanzen kann, aber auch nicht tanzen muss. fdA/fdK.

http://associationmardecafe.blogsport.de/
 

1http://m.faz.net/aktuell/reise/hannover-der-nackte-laeufer-bewacht-den-see-1326198.html

2http://de.wikipedia.org/wiki/Joachim_Gauck#Bundeswehr_und_deutscher_Afghanistan-Einsatz

3 Vielleicht sammelt sich deswegen auch soviel Schmutz im Brackwasser der AfD.