Leipzig. Seit mehr als einer Woche ist die Landtagswahl in Sachsen bereits Geschichte. An den Ergebnissen des Urnengangs haben Politiker und Bürger aber wohl noch länger zu knabbern. Während Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) trotz Wahlsiegen in 98,33 Prozent des Freistaates doch nicht allein regieren kann, denken Teile von Leipzig daran, sich abzuspalten. Demonstrativ oder virtuell. Oder beides.
Zwei (nicht ganz sooo ernst gemeinte) Initiativen sorgen seit Tagen im
selbstreflexivsten Teil des Internets – besser bekannt als Facebook –
mit ihren separatistischen Proklamationen für Furore. Die eine will im
sächsischen Freistaat eine kreative und hippe Enklave gründen. Die
andere Gruppe hat gleich die Autonomie im sonst so piefigen Connewitz im
Sinn.
„Wir beabsichtigen die Gründung einer Teilrepublik mit
eigener Legislative“, heißt es auf dem Portal der „BI Freistadt
Leipzig“. Grund sei der schwarz-blau-braune Geist im Rest von Sachsen,
so Initiator Dominic Schmidt. „In der einzigen Hochburg kreativer
Gedanken und freier Meinungsäußerung gilt es den letzten Funken Ruhm und
Ehre zu bewahren und der Alleinherrschaft des rechten Gedankengutes ein
Ende zu setzen“, schreibt Schmidt in einer Pressemitteilung.
Alles „ausgezeichnet“ in der Freistadt – Clemen sorgt für Autonomie
Entlang
der Grenzen von Zentrum, Schleußig, Plagwitz, Connewitz, Lindenau,
Kleinzschocher, Reudnitz und Grünau soll ein „antifaschistischer
Schutzwall mit antipopulistischen Wachtürmen“ entstehen. Ein politisches
Programm hat die „BI Freistadt Leipzig“ auch gleich aufgestellt, darin
gehört das Wörtchen „ausgezeichnet“ in allen Lebenslagen zum
Standartrepertoire.
Es wäre übertrieben, die bisherigen Reaktionen auf die Idee der
„Freistadt“ im Freistaat überschwänglich zu nennen. Deutlich mehr
Anklang findet da bisher schon die „Autonome Republik
Connewitz/Südvorstadt“. Gründer Sebastian kann allerdings längst nicht
so viele Argumente ins Feld führen. Manchmal ist weniger offenbar mehr.
Der
Connewitzer Republik-Chef beruft sich beim „Warum?“ lediglich auf ein
resigniertes Politiker-Statement: „Das war eine Schnapsidee als Reaktion
auf einen Post von Robert Clemen“, erklärt Sebastian. Nachdem Clemen
seinen Wahlkreis im Süden der Messestadt nicht gewinnen konnte, schrieb
er bei Facebook in Richtung der Wahlgewinnerin: „Ich hoffe, dass
Chaos-Jule es nicht gelingt, Connewitz und die Südvorstadt zur autonomen
Republik umzugestalten.“
Und jetzt hat der Clemen den Salat:
Die Autonome Connewitzer Republik wird im Netz bereits von 1600 Menschen
unterstützt. „Dass das hier mehr als 100 meiner Freunde liken, hätte
ich ja nicht erwartet“, sagt Sebastian und schiebt hinterher: „Mir ist
noch nicht ganz klar, was ich damit anfangen soll. Es kann auch gut
sein, dass ich das hier in einem Monat wieder lösche.“ Dabei geht’s ihm
zumindest besser als dem Christdemokraten. Der rote Connewutzer Fleck im
sonst so schwarzen Freistaat, der bleibt bis 2019.
Internet:
www.facebook.com/arcsvs
, www.facebook.com/republikconnewitz
, www.facebook.com/freistadtleipzig