Laut dem aktuellen „Verfassungsschutzbericht 2013“ beobachtet der mecklenburgische Inlandsgeheimdienst die an der Rostocker Universität wirkende Studierendeninitiative „Kritische Uni“. In den Fokus der Schlapphüte gerieten die Studierenden, weil sie mit Flugblättern auf die Verbindungen von Dozierenden am Historischen Institut (HI) ins rechte Lager aufmerksam machten. „Da sieht man, was es für das politische Engagement von Studierenden bedeutet, wenn eine Universität es regelmäßig an kritischer Distanz zu Geheimdiensten, wie dem Verfassungsschutz, vermissen lässt“ sagte Frank_a Schmidt, SprecherIn der „Kritischen Uni“.
Öffentlichkeitsarbeit mit Flugblättern
Im Herbst 2013 machte die „Kritische Uni“ mit Flugblättern u.a. in der Geschichte-Ringvorlesung für Erstsemester auf Verbindungen von Dozierenden am HI aufmerksam. Unter dem Titel „Der Extremismus der Mitte. Rostocker Profs und der rechte Rand" wiesen die UrheberInnen auf Kontakte zu Burschenschaften und Vertriebenenverbänden hin und machten einschlägige Publikationen bekannt. Namentlich benannt wurden Prof. Dr. Egon Flaig, Prof. Dr. Alexander Gallus, Prof. Dr. Werner Müller, Dr. Fred Mrotzek, Sven Hartig, Dr. Ingo Sens und Dr. Ulrich Ben Vetter. Die Vorwürfe belegten die AutorInnen mit einer reichhaltigen Sammlung von Verweisen. „Dabei handelt es sich größtenteils um Selbstzeugnisse der Extremisten der Mitte“ betont Frank_a Schmidt.
(Link zur Dokumentation der Vorwürfe: http://kritischeunihro.blogsport.de/2013/10/14/extremismus-der-mitte-ros... ).
Kriminalisierung statt Dialog
Die Reaktion der Universität auf die öffentliche Diskussion von Verbindungen ins rechte Lager beim Lehrpersonal war eindeutig: Die Universität erstattete Anzeige und forderte gleichzeitig die Studierenden zum Dialog auf. „Dabei handelt es sich um eine reine Kriminalisierungsstrategie zur Vermeidung eines Diskurses“ analysiert Frank_a Schmidt. „Die Uni konnte bis heute keinen Straftatbestand nennen, den unser Schreiben angeblich erfüllen würde“. Des Weiteren sei ein solches Vorgehen hoch bedenklich: „Auf der einen Seite proklamieren unsere Profs regelmäßig einen offenen und freien Diskurs, den es an der Uni Rostock angeblich geben könne und auf der anderen Seite wird auf eine gut belegte Kritik sofort mit dem Ruf nach der Staatsmacht reagiert“.
Kritik ruft Geheimdienst auf den Plan
Im aktuell erschienen „Verfassungsschutzbericht 2013“ macht der Schweriner Inlandsgeheimdienst auf Seite 94 (im Online-Dokument S. 96) auf das Wirken der Studierenden-Initiative aufmerksam. Unter dem Punkt „Recherche-Kampagne“/“Outings“ heißt es im Bericht: „Ein dem Anschein nach linksextremistischer Hintergrund dürfte auch einer „Outing-Aktion“ an der Rostocker Universität im Jahre 2013 zugrundeliegen, in deren Rahmen Dozenten des Historischen Instituts der Universität wegen „Verbindungen ins rechte Milieu“ bezichtigt wurden. Die Universität Rostock stellte Strafanzeige gegen Unbekannt.“
Probleme beim Berufseinstieg
Gerade in Zeiten, in denen die Extremismusdoktrin um sich greife, sei der Kontakt mit dem Inlandsgeheimdienst bedrohlich. „Eine derartige Beobachtung kann für Lehramtsstudierende bereits zu Problemen beim Berufseinstieg führen“ führt Frank_a Schmidt weiter aus. „Statt einseitig auf Repression und mediale Nebelwürfe zu setzen, sollte sich die Uni Rostock endlich ihrer Verantwortung stellen, und ernsthaft etwas gegen den Extremismus der Mitte in ihren Reihen unternehmen“.
Blanker Hohn
Angesichts der immer noch aufrecht erhaltenen Strafanzeige und des geheimdienstlichen Wirkens im Hintergrund ist die aktuelle Positionierung der Philosophischen und Wirtschaft- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät blanker Hohn.
(Mehr Infos zur Positionierung der Fakultäten: http://kritischeunihro.blogsport.de/2014/08/07/wiwi-und-philo-fakultaet-... ).
Freier Diskurs und Verfolgung
"Auf der einen Seite werfen die universitären Verantwortlichen mit platten Worthülsen wie "Offener Dialog" um sich. Auf der anderen Seite werden lediglich wegen des Verteilens von Flugblättern der polizeiliche Staatsschutz und der Inlandsgeheimdienst auf den Plan gerufen" analysiert Frank_a Schmidt. "Einen offen Dialog kann es erst geben, wenn die Uni sich für die Kriminalisierung entschuldigt. Und freier Diskurs ohne Angst vor Überwachung ist erst möglich, wenn die Geheimdienste und sämtliche anderen formellen und informellen Machtstrukturen überwunden sind."
Mehr Infos:
Das kriminalisierte Flugblatt „Extremismus der Mitte. Rostocker Profs und der rechte Rand“:
http://kritischeunihro.blogsport.de/2013/10/14/extremismus-der-mitte-ros...
Der Verfassungsschutzbericht 2013
http://www.verfassungsschutz-mv.de/cms2/Verfassungsschutz_prod/Verfassun...
Infos zu Überwachung, Zensur und Geheimdiensten in der Universität Rostock:
http://kritischeunihro.blogsport.de/2014/01/19/ehrendoktor-fuer-edward-s...