Wie die Chemnitzer Freie Presse am Mittwoch berichtete, hat die Zwickauer Staatsanwaltschaft aktuell 194 der insgesamt 389 laufenden Verfahren gegen Personen eingestellt, die am 1. Mai an der Blockade einer Nazidemonstration im vogtländischen Plauen teilgenommen haben sollen.
Die zuständige Staatsanwältin Antje Dietsch zeigte sich zuversichtlich, dass bis zum Herbst auch ein Großteil der übrigen Verfahren wegen “Geringfügigkeit” (§ 153 StPO) eingestellt werde. Bereits Anfang Juli waren aus dem gleichen Grund die ersten 35 Verfahren eingestellt worden. Am “Tag der Arbeit” waren auf dem bundesweit größten rechten Aufmarsch etwa 600 Nazis aus dem Umfeld des Ende Juli durch das bayerische Innenministerium verbotenen “Freien Netz Süd” durch die Straßen der Stadt gezogen. Rund 2.000 Menschen hatten zeitgleich auf mehreren Veranstaltungen gegen den Aufmarsch protestiert.
Besonders ein Vorfall, bei dem uniformierte Einsatzkräfte auf der Suche nach Blockiererinnen und Blockierer sogar eine Kirche gestürmt und Jugendliche gewaltsam auf die Straße gezerrt hatten, war im Nachgang aus den Reihen der Kirche und der Landespolitik teilweise scharf kritisiert worden.
Zum Zeitpunkt des Aufmarsches hatten sich mehrere hundert vor allem junge Menschen in unmittelbarer Nähe einer Mahnwache vor der Kirche zu einer Sitzblockade zusammengefunden, unweit davon hatten etliche Personen versucht, mit Teilen einer Baustelle eine Barrikade zu errichten. Erst als die Nazidemonstration an der Blockade vorbeigeleitet worden war, ging die Polizei, die zunächst untätig geblieben war und den Versuch, die Versammlung vor der Paulskirche anzumelden, ignorierte, ohne Vorwarnung mit Gewalt gegen die versammelten Menschen vor. Kurz zuvor hatten sich die eingesetzten “Kommunikationsteams” vom Ort des Geschehens entfernt.
Die Identitätsfeststellungen der knapp 400 von der Polizei eingekesselten Menschen hatten trotz der Anwesenheit mehrerer Landtagsabgeordneter noch bis in die Abendstunden gedauert.
Im Nachhinein hatte Lea Voigt, die Anwältin eines Betroffenen, den Polizeikessel als “völlig absurd” und “rechtswidrig” bezeichnet. Die von den Polizeimaßnahmen vor der Kirche betroffenen Menschen hätten ihrer Ansicht nach lediglich ihr Grundrecht auf Versammlungsfreiheit wahrgenommen.
Ob das in Sachsen mittlerweile üblich gewordene rigorose polizeiliche Vorgehen gegen antifaschistisch eingestellte Menschen mit Einstellung der Verfahren folgenlos bleibt, ist nicht abschätzbar. Unabhängig von der kontrovers geführten parlamentarischen Aufarbeitung im Innenausschuss des Sächsischen Landtag bleibt zu befürchten, dass es sich gerade junge Menschen nach den Ereignissen vom 1. Mai in Zukunft zweimal überlegen werden, sich gegen Nazis zu engagieren.