Bundestag gibt (Ex-)Gefangenen recht!

sicherungsverwahrung von Günther Finneisen

In einer Entscheidung vom 10. April 2014 fordert der Deutsche Bundestag von der Regierung, die Berechnungsgrundlage des ALG-1 für Ex-Gefangene zu überdenken.

 

Die Vorgeschichte

 

Bis 2010 erhielten ehemalige Strafgefangene ALG-1, sobald sie der Bundesagentur für Arbeit (=BA) nachwiesen, während der Haft 12 Monate gearbeitet und Beiträge gezahlt zu haben. Offenbar im Bestreben, Ausgaben auch in diesem Bereich zu senken, verlangte die BA seit 2010 den Nachweis von 360 versicherungspflichtigen Arbeitstagen, was in der Praxis darauf hinaus läuft, dass Ex-Gefangene mindestens 17 Monate Arbeitszeit absolviert haben müssen, da vollzugsbedingt regelmäßig Arbeitstage entfallen (z.B., weil Wärter Ausflüge oder Fortbildungen absolvieren, oder aus sonstigen, vollzuglichen Gründen), für die dann auch keine Versicherungsbeiträge abgeführt werden.

 

Die JustizministerInnen-Konferenz protestiert

 

Mit Beschluss vom 15.11.2012 protestierte die JustizministerInnen-Konferenz der Länder gegen diese Neuregelung, da diese zu Nachteilen bei der Wiedereingliederung von ehemaligen Gefangenen führe.

 

Petition an den Bundestag

 

Gegen die Neuregelung der BA wandte ich mich in einer Petition an den Bundestag-Petitionsausschuss. In einem ersten Anlauf wollte sich dieser mit der Änderung abfinden und das Petitionsverfahren beenden, da die Neuinterpretation der Bestimmungen durch die BA nicht zu beanstanden sei. Dieser Ansicht war ich nicht, zumal die Nachteile für Ex-Gefangene erheblich sein können, da mit dem ALG-1 Anspruch dann auch bestimmte Förderansprüche verbunden sein können, die bei ALG-2 Bezug entfallen.

 

Die Entscheidung des Bundestages

 

Mit Beschluss vom 10.4. 2014 (http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/18/009/1800988.pdf) hat der Bundestag die Petition der Bundesregierung „zur Erwägung“ überwiesen, d.h. die Regierung

 

aufgefordert, die Neuregelung zu überdenken. Zwar sei die Neuinterpretation durch die BA rechtlich vertretbar, jedoch keineswegs zwingend; im übrigen würden in der Literatur „negative Auswirkungen (…) auf die Resozialisierung“ ehemaliger Gefangener bejaht.

Nun ist die Bundesregierung verpflichtet, ihre Rechtsauffassung, bzw. die der BA zu überdenken und hernach dem Bundestag zu berichten.

 

Ausblick

 

So erfreulich der Teilerfolg auch sein mag, so ärgerlich ist, wie die BA, unterstützt bislang vom Bundessozialministerium, gegenüber Ex-Gefangenen agiert und eine jahrzehntelange bewährte Praxis geändert hat.

Da in diesem Punkt lediglich ehemalige Gefangene betroffen sind, blieben hörbare Proteste aus. Letztlich reihte sich auch diese Maßnahme der BA in deren neoliberale Taktik der Kürzung von Leistungen, zum Nachteil der Beitragszahler ein. Denn, und das darf nicht übersehen werden, auch Gefangene sind Beitragszahler, für jeden Arbeitstag werden Beiträge an die BA abgeführt!

 

 

Thomas Meyer-Falk, c/o JVA (SV-Abtlg.), Hermann-Herder-Str. 8, D-79104 Freiburg

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