[B] Innensenator verteidigt stille SMS

Erstveröffentlicht: 
07.04.2014

Zur Verbrecherjagd schickte die Berliner Polizei im vergangenen Jahr 250.000 sogenannte stille SMS – und will dies auch künftig tun. Das bekräftigte Berlins Innensenator Frank Henkel. Nach Ansicht der Piratenfraktion wird damit in Grundrechte der Bürger eingegriffen. Von Andreas Kopietz.

 

Bei der Verbrecherjagd fahndet die Berliner Polizei immer häufiger per Telefon. Um Verdächtige heimlich zu orten verschickte sie im vergangenen Jahr 250.879 sogenannte stille SMS. Im Jahr davor waren es nur 145.666.

 

Zur Gefahrenabwehr oder Strafverfolgung kann die Polizei einen geheimen Ortungs-Impuls senden, um festzustellen, wo sich der Besitzer eines Handys gerade befindet. Die stillen SMS lassen das Handy weder piepen noch tauchen sie auf dem Display auf. Jedoch reagiert das Handy auf die inhaltslose SMS beim jeweiligen Mobilfunkmasten. Die Daten, in welcher Funkzelle das Gerät gerade eingebucht ist, bekommen Staatsanwaltschaft und Polizei innerhalb weniger Sekunden vom Mobilfunkbetreiber.

 

Auch künftig will die Berliner Polizei heimliche Nachrichten einsetzen. „Die stille SMS bleibt ein taktisches Einsatzmittel“, sagte Innensenator Frank Henkel (CDU) am Montag im Innenausschuss der Abgeordnetenhauses.

 

Nur bei schweren Straftaten

 

Sein Polizeipräsident Klaus Kandt illustrierte an Beispielen, in welchen Fällen diese Fahndungsmethode etwa zum Erfolg geführt habe: So sei mit stillen SMS das Bewegungsprofil des größten Berliner Händlers für Drogenstreckmittel ermittelt worden. Dieser hatte im Jahr 2010 einen Getränkehändler per Kopfschuss hingerichtet und diesen dann in einem Weddinger Keller einbetoniert. „Ohne SMS wäre er nicht zu finden gewesen“, so Kandt. Im Jahr 2012 wurde laut Kandt eine Heroinhändler-Bande gefasst, deren Mitglieder zu langen Haftstrafen verurteilt wurden. „Diese Beispiele belegen, dass wir die stille SMS nur bei schweren Straftaten einsetzen“, so Kandt.

 

Nach Ansicht des Berliner Piraten-Vorsitzenden Christopher Lauer fehlt es an verwertbaren Erkenntnissen mit denen die Effizienz der stillen SMS bewertet werden könne. Tatsächlich weigert sich die Polizei, eine öffentliche Statistik zum Einsatz dieses Fahndungsmittels zu führen. "Ich werde das Einsatzmittel der stillen SMS nicht verbrennen, indem ich jetzt hier sage, wann wir es genau anwenden", so Kandt.

 

Vorwürfen der Piraten und der Grünen, der Einsatz stiller SMS sei rechtlich fragwürdig, trat Innensenator Henkel entgegen. Er verwies auf die Strafprozessordnung, in der die Telefonüberwachung geregelt sei und darauf, dass der Einsatz stiller SMS richterlich genehmigt werden müsse. Nach Lauers Worten wird mit stillen SMS rechtswidrig, heimlich und unkontrollierbar in Grundrechte der Bürger eingegriffen. Benedikt Lux, innenpolitischer Sprecher der Grünen, hält die Rechtsgrundlage für die stille SMS für „zumindest unsauber, weil die Daten ja erst erzeugt werden, bevor sie erhoben werden“.