Anknüpfend an die fragwürdige Hausdurchsuchung gegen das Antirassistische Jugendaktionsbüro Anfang des Jahres legen Stadt und Justiz gleich in mehreren Verfahren gegen einen Nazigegner nach. Im Vorfeld einer Demonstration im Oktober anlässlich des rassistisch motivierten Totschlags während des Tänzelfest seien in Kaufbeuren Plakate angebracht worden, die kein Impressum enthielten und in einem Fall beim Abnehmen einen geringen Sachschaden hinterließen. Für beides soll der Anmelder der Antinazidemonstration verantwortlich gemacht werden. Ebenso dafür, dass während der Versammlung Bier konsumiert und damit gegen die Auflagen verstoßen worden sei.
»Angesichts der Geringfügigkeit der Vorwürfe und der Beschuldigung«, die jeweils allein auf seiner Eigenschaft als Anmelder der Demonstration beruhte, zeige sich ein »deutlicher Verfolgungswille«. Anders könne sich der Aktivist nicht erklären, weshalb solche Verfahren überhaupt betrieben oder nicht wenigstens frühzeitig eingestellt werden. Welche Motivation dahinter steht, kann aber auch er nicht erkennen.
Bereits Anfang des Jahres richtete sich eine Hausdurchsuchung gegen das Antirassistische Jugendaktionsbüro in Kempten und dessen Aktivisten. Beamte des Staatsschutzes drangen in Projekt- und Privaträume ein und Beschlagnahmten Datenträger, Finanz- und Projektdokumente sowie die technische Infrastruktur. Die offizielle Begründung: Als Anmelder der Demonstration müssten die Betroffenen im Besitz der Aufzeichnung eines auf der Demonstration gehaltenen Redebeitrages sein, über den sich Zeugen einer im Beitrag erwähnten Nazi-Messerattacke in Memmingen ermitteln ließen. Brisantes Detail: Die Beamten durchsuchten Redaktionsräume auf der Suche Informanten - laut den Betroffenen ein schwerer Eingriff in die verfassungsmäßig geschützte Pressefreiheit.
Die allerdings ließen sich nicht einschüchtern: »Wir planen schon die nächsten Aktionen gegen die Neonazis, ihre Ideologie und ihre Taten.« Am 26. April wollen die Jugendlichen Peter Siebert gedenken und mittels einer Demonstration in Memmingen auf das nach wie vor vorhandene Naziproblem aufmerksam machen. Peter Siebert wurde am 26. April 2008 in Memmingen von einem Neonazi mit einem Bajonett erstochen, nachdem er sich über den lauten Rechtsrock des Täters beschwerte und ihm seine rechte Gesinnung vorwarf.