Anwohner im Wrangelkiez in Berlin-Kreuzberg klagen, dass die Drogenhändler aus dem Görlitzer Park nun in den Hauseingängen stehen und ihre Ware verkaufen. Am Abend sollen die Probleme im „Görli“ auf der Bezirksverordnetenversammlung thematisiert werden - mal wieder.
Eigentlich, so dachte Bülent Burma (53), könne es kaum schlimmer kommen mit den Drogenproblemen im Görlitzer Park. Doch der Kreuzberger Geschäftsmann und Anwohner sagt, seit der Winter über Berlin hereingebrochen ist, sei es noch unerträglicher geworden mit den Dealern. „Sie stehen in den Hauseingängen, weil es ihnen im Park zu kalt geworden ist. Wir Anwohner aus dem Wrangelkiez fühlen uns belästigt. Die Dealer sprechen im Haus sogar Kinder an, um ihre Drogen zu verkaufen.“
Auch auf der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) steht das Thema „Görlitzer Park“ und seine Drogenproblematik am Mittwochabend auf der Themenliste.
Wieder einmal – denn es scheint eine Neverending-Story zu sein. Immer wieder versuchen Anwohner, Bürgerinitiativen und Projekte im „Görli“ Lösungen zu finden, wie die Probleme mit dem Cannabis-Handel und den Begleiterscheinungen (Verschmutzung, Schlägereien, Belästigungen) in den Griff zu bekommen sind. Zuletzt hatte die Initiative „Unser Görli“ sich bemüht. Doch die Finanzierung lief zum November 2013 aus – nun gibt es eine Ausschreibung des Bezirks für ein Folgeprojekt.
138 Einsätze gegen den Rauschgifthandel im „Görli“ gab es 2013
Bülent Burma hat sich mit anderen Migranten aus den umliegenden Straßen – wie der Wrangelstraße, Skalitzer- und Görlitzer Straße – zusammen getan. Rund 30 Leute seien sie. „Die meisten Migranten, die ich kenne, schicken ihre Kinder und Frauen nicht allein durch den Park“, sagt er. Die Händler stünden an den Wegen Spalier und versuchten die Besucher zum Drogenkauf zu drängen. Besonders entsetzlich findet Burma, dass sie selbst vor Kindern nicht zurück schreckten.
Das berichtet auch Claudia Hiesl vom stadtbekannten Kinderbauernhof im Görlitzer Park. Die Kinder, die regelmäßig zum Bauernhof kommen, seien massiv bedrängt und angesprochen worden von den Cannabis-Verkäufern. „Die Kinder wollen das nicht“. Das habe auch eine Befragung im Sommer gezeigt, bei der die Betreiber den Gästen einen Fragebogen gegeben haben. „Wir versuchen das Thema Asylpolitik und Drogen mit ihnen zu besprechen“, schildert Hiesl. Die Polizei-Razzien seien zwar zu sehen, aber „es ändert sich nichts“.
„Durchschnittlich jeden dritten Tag eine Großrazzia“
138 Einsätze gegen den Rauschgifthandel im „Görli“ gab es laut Polizei im vorigen Jahr. „Durchschnittlich jeden dritten Tag eine Großrazzia“, sagt ein Polizeisprecher. 303 Festnahmen und 672 Ermittlungsverfahren, davon mehr als die Hälfte wegen Drogenhandels, ist die Bilanz. Doch die Polizei betont immer wieder, dass das Drogenproblem ein gesamtgesellschaftliches sei: „Wo Konsumenten sind, gibt es auch Händler“. sagt der Sprecher. Das könne die Polizei nicht lösen, sondern nur die Auswüchse bekämpfen. Haftbefehle seien nur schwer zu verhängen, weil die Händler ihre Ware meist verstecken. Doch wenn Dealer verhaftet werden, „dann nimmt schon wenig später ein neuer Händler seinen Platz ein“, hieß es.
Bülent Burma will die Rauschgiftverkäufer wenigstens stören – und das mit einer „flächendeckenden Parkbeleuchtung“ , sagt er. Die Laternen ,die der Bezirk nach längerem Hin und Her auf den Groß- und Querwegen installiert hat, seien „so wirkungsvoll wie eine kleine Kerze“, schimpft er. Er wolle mit seinen Mitstreitern um Sponsoren kämpfen und um eine Genehmigung. Auch Videokameras würde er gern an den Laternenmasten installieren. Doch da wird er wenig Chancen haben: Innensenator Henkel hatte erst voriges Jahr wieder betont, dass er gegen einen übermäßigen Einsatz von Videokameras im öffentlichen Raum ist.