Refugee-Hungerstreik Hannover: Forderungen und versuchte Nazi-Attacke

banner

Seit Dienstag, dem 17.12.,12 Uhr befindet sich Hussein Charara im Hungerstreik in der Fußgängerzone in Hannover, um für ein selbstbestimmtes Leben in Würde zu kämpfen. Der an einer schweren und undiagnostizierten Magen-Darm-Krankheit leidende Charara kritisiert neben den rassistischen Gesetzen an sich im Speziellen fehlende Möglichkeiten der ärztlichen Versorgung für Flüchtlinge und Schikanen durch Behörden. Bereits in der ersten Nacht gab es den Versuch einer Nazi-Attacke.

 

Die Fußgängerzone zwischen Steintor und Kröpcke ist Husseins neues Zuhause. Seine Medikamente hat er abgesetzt, sie hatten seine unklaren Darmblutungen zumindest teilweise unterdrückt. "Ein Hund hat mehr Rechte als ich" und "Ich kämpfe für meine Freiheit" steht auf Zetteln, die er rund um das Schiller-Denkmal verteilt hat. Passant*innen werden von Unterstützer*innen mit Flyern informiert.

Hussein kann nicht mehr. Seit drei Jahren ist er in Deutschland. Zunächst im Skandal-Lager Bramsche-Hesepe, wo eine Krankenschwester nach Gutdünken über Krankenscheine und Überweisungen zu Fachärzten entschied oder diese in letzter Minute zurückzog. Viele Geflüchtete haben diesen unhaltbaren Zustand, andere Missstände und Lager an sich kritisiert, begannen einen Lager-Widerstand. Auch Hussein engagierte sich dort. Als die Bewegung zu stark zu werden drohte, wurden die Aktivist*innen auf diverse Lager in Niedersachsen verteilt. Hussein kam nach Hannover ins Lager Hildesheimer Straße.

Seit dieser Zeit ist er krank. Immer wieder traten unklare und schmerzhafte Blutungen und Durchfall auf, Essen und Trinken wurde immer schwieriger, er nahm deutlich ab. trotz diverser teils schmerzhafter Untersuchungen unter Narkose in mehreren Kliniken konnte die Ursache nicht geklärt werden, in einer Klinik wurde ihm schließlich gesagt, weitere Untersuchungen seien nicht möglich, seine Krankenkasse würde dies nicht zahlen. Schließlich wurden Medikamente gefunden, die seine Beschwerden zeitweise begrenzen, temporäre Diagnosen bleiben jedoch widersprüchlich, der Zustand unhaltbar.
Trotzdem geraten Gänge zum Arzt zum Spießrutenlauf. Ständig müsse er seine Behandlungsbedürftigkeit neu unter Beweis stellen, um einen neuen Krankenschein zu erhalten. Diesen Zustand abzuschaffen ist Teil der Minimalforderung, die Hussein an die Behörden stellt.

Kürzlich stand er kurz vor der Abschiebung. In seinem Herkunftsland ist eines seiner Medikamente jedoch nicht erhältlich, das andere viel zu teuer. Es müsste privat bezahlt werden. Dies wäre ihm nicht möglich. Zur Zeit erhält er relativ kurze Duldungen. Diese Unsicherheit, die Sorge um seine Familie und wiederholte Auseinandersetzungen mit Behörden zermürben ihn. Dokumente, die er in Behörden abgibt, würden verschwinden, er versuche nun, jeden Empfang quittieren zu lassen. Die kurzzeitigen Duldungen erschweren zudem die Planung einer vernünftigen Behandlung. Ein Duldungsrhythmus von mindestens 6 Monaten ist daher der zweite Teil des Minimalziels. Sind beide Teile erfüllt, ist Hussein bereit, den Hungerstreik auszusetzen, bis eine zügige Bescheidung seines Asylfolgeantrages erfolgt ist oder neue Umstände die Wiederaufnahme des Streikes erfordern.

Eigentlich jedoch geht es um mehr. "Gebt uns Geflüchteten die Rechte, hier normal wie alle anderen zu leben" sagt Hussein.

Alle Unterstützer*innen sind vor Ort herzlich Willkommen, besonders nachts sind weitere Anwesende aufgrund eines bereits in der ersten Nacht erfolgten Angriffsversuchs durch teils organisierte Neonazis von Besseres Hannover und aus Barsinghausen, gerne gesehen.