Nikolaus-Affäre im Knast von Freiburg

Knast

Wer kennt ihn nicht, diesen Brauch, am Vorabend des Nikolaustages einen Schuh vor die Türe zu stellen, und am nächsten Morgen ist er mit Leckereien befüllt. Diesem Kinderbrauch getreu, versuchte die JVA Freiburg, in Gestalt eines Sozialarbeiters, den Vollzug der Sicherungsverwahrten (zur Vollzugswirklichkeit an den übrigen 364 Tagen des Jahres vgl.: http://de.indymedia.org/2013/09/348487.shtml) kindgerecht zu gestalten.

 

 

Der Nikolaus-Morgen 2013
Vor Aufschluss der Zellen, um kurz vor 7 Uhr wurde neben jede der rund 50 Zellentüren ein Schoko-Nikolaus deponiert.
Vor jeder Türe? Ja! Nur die Bewohner der Station 2 (zu deren speziellen Charakter vgl. https://linksunten.indymedia.org/de/node/91068) fanden dann nichts „Süßes“ vor ihrer Türe, denn Obersekretär D., diensthabender uniformierter Beamter am Nikolaustag, sammelte fleißig alle Nikoläuse ein und brauchte sie ins Büro seines Vorgesetzten, wie er uns später am Vormittag erläuterte.


Obersekretär D. rechtfertigt sich
Er finde solch eine Nikolaus-Aktion niveaulos und gänzlich unpassend; ein Mal im Jahr Schokolade zu verteilen, um ein bisschen gute Stimmung zu simulieren, sei nicht angemessen. Ihm sei egal, ob er dafür gemaßregelt werde; seit 13 Jahren sei er nicht befördert worden, aber er entscheide, wie und was er für richtig erachte – trage dann aber auch die Konsequenzen: so habe seine „Einsammel-Aktion“ zu heftigen internen Diskussionen geführt.


Nikolaus-Affäre erster Teil (Bruchsal)
Der Nikolaustag scheint Vollzugsbedienstete allerorten zu Höchstleistungen zu motivieren, denn „Teil 1“ der Affäre spielte sich vor Jahren in Bruchsal ab. Die dortige Oberregierungsrätin G., mittlerweile im Mutterschutz, wähnte die Anstaltssicherheit bedroht, weil ich in einem Brief an eine Freundin beklagte, der Nikolaus habe mich am 06.12. wohl vergessen. Denn trotz am Fenster deponierter Knastschuhe hätte ich am Morgen des 06.12. weder die erhoffte Säge, noch eine Strickleiter vorgefunden. Diese eigentlich ersichtlich ironisch und flapsig gemeinte Äußerung, so Frau G., dokumentiere meinen ungebeugten Flucht- und Ausbruchswillen. Erst ein altgedienter Landgerichts-Richter gebot ihr Einhalt und ordnete Monate später an, die gefertigten Fotokopien des privaten Schriftwechsels mit jener Freundin zu vernichten.


Würdigung der Freiburger Niko-Affäre Teil 2
Die „Nikolaus-Affäre Teil 2“ nun in Freiburg ist auch sehr „speziell“: zum einen ist es inhaltlich fragwürdig, angesichts der dokumentierten Missstände im Vollzugsalltag, die mittlerweile sogar das Anti-Folterkomitee des Europarates beschäftigen (https://freedomforthomas.wordpress.com/2013/11/28/anti-folterkomitee-bes...), quasi heile Welt zu spielen und Süßigkeiten vor der Zellentüre zu deponieren.
Zum anderen ist es bezeichnend, wenn dann Obersekretär D. meint, er entscheide, dass das Verteilen der Nikoläuse Unsinn sei, weshalb er sie einsammeln dürfe. Hier entmündigt er (erneut) die Verwahrten, bewegt sich also letztlich auf demselben Niveau wie jene, die er mit diesem Vorgehen, nach eigener Aussage, kritisieren möchte.

Man darf auf Nikolaus 2014 schon sehr gespannt sein.


Thomas Meyer-Falk
c/o JVA (SV-Abtl.)
Hermann-Herder-Str. 8
D-79104 Freiburg

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