Pirna. Seit Jahren war es einigermaßen ruhig in der rechtsextremen Szene und Pirna als Tor zur Sächsischen Schweiz konnte langsam, auch durch das selbstlose Engagement zivilgesellschaftlicher Vereine wie die Aktion Zivilcourage e.V., das berüchtigte Image einer NPD-Hochburg abstreifen. Jetzt scheint die Stadt wieder am Anfang zu stehen. Nächsten Monat sollen in einer Baracke auf der Hauptstraße 26 in Pirna- Copitz die Kreisgeschäftsstelle des NPD-Verbandes Sächsische Schweiz- Osterzgebirge sowie das Bürgerbüro des NPD-Landtagsabgeordneten Johannes Müller eröffnet werden.
Madeleine Arndt
Die Immobilie hatte vor etwa zwei Jahren der Norweger Eirik Ragner Solheim erworben, der der militanten rechtsextremen Szene in Oslo zugeordnet wird (DNN berichteten). „Wir beobachten seit Längerem mit Sorge in Copitz die Aktivitäten von in der rechten Szene einschlägig Bekannten“, erklärt Oberbürgermeister Klaus-Peter Hanke (parteilos). Er meint damit die Rädelsführer der 2001 verbotenen Neonazis „Skinheads Sächsische Schweiz“. Einer von ihnen – rechtskräftig verurteilt – ist der Pirnaer Thomas Sattelberg. Seit diesem Jahr Kreisvorsitzender des NPD-Verbandes SächsischeSchweiz-Osterzgebirge, lädt er auf der Internetseite des Verbandes für den 11. Oktober zur Eröffnung des so genannten NPD-Bürgerbüros „HausMontag“ ein.
Hier wird auch der Name des Objekts erklärt. Guy Montag aus
dem Roman Fahrenheit 451, in dem esum Bücherverbrennung geht, musste
dafür Pate stehen. Denn man wolle in diesem Haus zur Lektüre
anleiten,diskutieren, lernen und aufwecken. Alles Verharmlosung von
rechtem Gewaltpotenzial, sagt die Stadt. So wurde auf der seit
einigen Tagen geschalteten zugehörigen Facebookseite unter
anderemein T-Shirt mit dem Aufdruck „Haus Montag Pirna. Make Love
and War“ gepostet. Ein weiterer Post, aufdem das Logo des Hauses zu
sehen ist, ruft zu „More Fascism“ auf. Hier werde bewusst mit
Gewaltsymbolik gespielt, sagt Stadtsprecher Thomas Gockel. Denn das
sei gerade für Jugendliche hochgradig interessant. Klaus-Peter Hanke
will deshalb den Weg der schonungslosen Aufklärung gehen.
„Als klar wurde, dass in Copitz in irgendeiner Form ein
rechtes Zentrum entsteht, haben wir uns noch vor den Sommerferien mit
den umliegenden Schulen in Verbindung gesetzt“, sagt er. Dort soll
in nächster Zeit die Aufklärungsarbeit auch in Form von Workshops
der Aktion Zivilcourage verstärkt fortgesetzt werden. Zudem will das
Stadtoberhaupt jetzt alle demokratischen Kräfte, darunter auch die
Kirche, den Stadtrat sowie die unmittelbar betroffenen Copitzer
Nachbarn an einen Tisch holen, um das weitere Vorgehen zu besprechen.
Der OB sieht in dem fragwürdigen Zentrum ein landkreisweites
Problem auf Pirna zurollen. Die jüngsten Gewaltübergriffe in Cotta
und Ostrau würden das bestätigen. Die 2005 gegründete
Arbeitsgruppe Extremismus des Landkreises, in der auch Polizei und
Verfassungsschutz vertreten sind, hat in der Vergangenheit gründlich
die Aktivitäten an der Hauptstraße verfolgt. Auch in Zukunft werde
man das Problem im Auge behalten, heißt es aus dem Netzwerk. Bei der
Bundestagswahl stimmten in Pirna rund sechs Prozent der Wähler für
die NPD. Nach Aussage der Verwaltung ist damit die Zahl der
NPD-Anhänger stagnierend.