Kein Burgfrieden in Eisenach – feministische und antifaschistische Demonstration am 24. Mai

Plakat 2013

Noch zwei Wochen bis zum nächsten Burschentag der Deutschen Burschenschaft. Die Mobilisierung zu den diesjährigen Protesten geht in die heiße Phase. Daher wollen wir uns kurz die Zeit nehmen, um das Bündnis gegen den  Burschentag in Eisenach vorzustellen, auf die Proteste in den vergangenen Jahren einzugehen und schließlich das diesjährige Konzept zu erläutern.


Wer sind wir und warum?

Das Bündnis gegen den Burschentag in Eisenach hat sich im Herbst 2010 gegründet. Von Anfang an war die Stoßrichtung der Zusammenarbeit darauf ausgerichtet, eine linksradikale Kritik am Burschentag und an der Deutschen Burschenschaft zu formulieren - der Fokus lag dabei vor allem auf einer feministischen und antifaschistischen Gesellschaftskritik. Diese sollte sich nicht nur an offensichtlich reaktionären Positionen und Akteuren abarbeiten, sondern immer auch zugleich versuchen, den Zusammenhang von Männerbünden und Gesellschaft in den Blick zu kriegen. Eine Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Gruppen und Initiativen, wie Gewerkschaften und linken Parteien, wurde von  Anfang an gesucht, um so heterogene Aktions- und Protestformen zu unterstützen - dies hat in den drei Kampagnenjahren jedoch nur teilweise bis gar nicht gut funktioniert. Das ist sowohl selbstkritisch gegen die Bündnispolitik einzuwenden, aber auch kritisch gegenüber denjenigen, die über Aufrufe und Stellungnahmen bislang nicht hinausgegangen sind. An wichtigen Interventionsformen von Seiten des Bündnisses, ist vor allem die Zeitung Gegen Burschentage zu nennen, mit der wir neben den Aufrufen noch inhaltliche Beiträge zur Kritik der Deutschen Burschenschaft geliefert haben. Das relativ offene Konzept ermöglichte es, ein breites Themenspektrum abzuarbeiten und so über die landläufige Kritik, die DB sei ein irregeleiteter Nazihaufen, hinaus zu gehen.

Die letzten Jahre im Überblick:

2011 - Alles auf Anfang


Im Jahr 2011 startete die Kampagne "Den Burschentag in Eisenach zum Desaster machen!". Als das Bündnis Gegen Burschentage die Arbeit aufnahm war noch

nicht abzusehen, welche Dynamiken und Streitigkeiten der Deutschen Burschenschaft bevorstanden. Nur äußerst wenig dieser Konflikte sind auf unsere jährlichen Proteste zurückzuführen. Nichtsdestotrotz hätte das Timing für die Proteste kaum besser sein können. Kurz vor dem Burschentag 2011, wurde ein internes Dokument geleaked, welches für eine enorme negative mediale Öffentlichkeit sorgte.  Mit dem Streit um den sogenannten Arierparagraphen hatte sich die Deutsche Burschenschaft erneut in die Nähe faschistischer Gruppierungen gerückt.

 

Die Kritik im ersten Jahr war demnach auch von diesem Thema geprägt und mit 500 Teilnehmer_innen konnte das Bündnis im Jahr 2011 einen der größten Proteste gegen den Burschentag in Eisenach seit 10 Jahren auf die Beine stellen. Zum ersten Mal wurde also die Stadt Eisenach wieder mit einer überregionalen Öffentlichkeit konfrontiert, die auch die freundliche Kooperation der Stadt mit den Männerbünden kritisierte.

 

 

 

2012 - Die DB als das kritisieren was sie ist: Bestandteil und Ausdruck der bürgerlichen Demokratie in Deutschland


Doch es war von Anfang an auch schwierig: Ein linksradikales Bündnis, dass keine oder kaum Anknüpfungspunkte in Eisenach hatte, mobilisierte quasi aus dem Stand zu einer bundesweit beworbenen Demonstration. Ein enormer Kraftakt, der im Folgejahr dazu führen sollte, dass sich weitere linksradikale Gruppen und Projekte anschlossen. Doch die Beteiligung und das Interesse von linksradikaler Seite blieb mäßig. Während das Bündnis nun auf Erfahrungen und Strukturen vom Vorjahr aufbauen konnte, gestaltete sich die Mobilisierung im Jahr 2012 dynamischer. Es wurden Mobilisierungsveranstaltungen in vielen Teilen Deutschlands abgehalten und auch aus Thüringen regte sich von zivilgesellschaftlicher Seite mehr Protest. Gewerkschaften und linke Parteien hatten sich in einer gemeinsamen Stellungnahme gegen den Burschentag ausgesprochen und riefen zum Protest gegen die Deutsche Burschenschaft auf. Doch trotz des erneuten Skandals innerhalb der DB, fiel die Teilnahme an der Demonstration im Juni 2012 geringer aus als im Vorjahr. Presseübersicht 2012

 

Zweifellos spielten die Aktionen und Proteste gegen den Tag der Deutschen Zukunft in Hamburg eine wichtige Rolle. Dennoch wurde klar, dass das Motto der Kampagne "Den Burschentag zum Desaster machen!" nicht so gemeint sein konnte, dass der Burschentag ganz praktisch zum Desaster würde - dafür fehlten und fehlen schlicht die Kapazitäten und Strukturen in Eisenach.

 

 

Nach einem relativ allgemein gehaltenen Aufruf im Jahr 2011, kritisierte das Bündnis nunmehr die Verquickung von konservativer und neofaschistischer Ideologie in der DB und verschob damit auch den Fokus der Kampagne. Die Medien saßen dem Märchen von den liberalen Bünden der mittlerweile gegründeten Initiative "Burschenschaftliche Zukunft" auf. Diese gerierten sich als aufrechte Antifaschisten im Kampf gegen die rechten Bünde. Eine Kritik, die in einem Papier autonomer Feminist_innen im Jahr 2011 als "bestenfalls naiv" bezeichnet wurde. Die Kritik an den handfesten Nazis in den Reihen der DB blieb dennoch ständig Thema in den Medien, aber auch im Bündnis. Doch die DB wurde vom Bündnis nun auch als "Bestandteil und Ausdruck der bürgerlichen Demokratie" verstanden - die Kritik sollte umfassender werden.

 

2013 - Eine unversöhnliche Kritik der Nation


Die Spaltung der DB wurde auf dem außerordentlichen Burschentag der Deutschen Burschenschaft im September 2012 in Stuttgart besiegelt. Die Tagung wurde auch dort von Protesten begleitet und kurzzeitig schien es unklar, ob der Burschentag der DB im Jahr 2013 überhaupt in Eisenach stattfinden konnte. Die neue Oberbürgermeisterin der Linkspartei war nun im Amt und sparte nicht mit Kritik an der DB. Doch nach und nach stellte sich heraus, dass die "reaktionärsten der reaktionären Kräfte in der DB" erneut in Eisenach würden tagen können. Das Bündnis gegen den Burschentag in Eisenach setzt in diesem Jahr also erneut an, um gegen die Männer der Deutschen Burschenschaft vorzugehen.

 

Mit dem Motto "Wider den deutschen Burgfrieden", knüpft das Bündnis an eine Aussage der Oberbürgermeisterin Eisenachs an, die einen "Burgfrieden" innerhalb der DB zwischen "Liberalen, Konservativen sowie Rechtslastigen" Verbindungen ausgemacht haben will. In der diesjährigen Zeitung wurden die Entwicklungen innerhalb der DB noch einmal zusammengefasst.

 

Der thematische Schwerpunkt des diesjährigen Aufrufs ist die Kritik an deutscher Mythenbildung und der Zusammenhang von burschenschaftlicher Folklore mit Nationalismus.

 

 

Dabei spiele die Wartburg als mythischer Ort deutschnationaler Sehnsüchte eine entscheidende Rolle und nur so könne man verstehen, wie Burschenschaften und Nationalismus zusammengehören und zu kritisieren sind.



Thüringer (Versammlungs)Verhältnisse!? – Ein Rückblick auf das bisherige Verhalten der Ordnungsbehörden:


2011:


Im Verlauf der 3 Jahre unserer Aktivitäten gegen den Burschentag in Eisenach kam es natürlich auch immer wieder zu Auseinandersetzungen mit dem örtlichen Ordnungsamt, sowie der Polizei selber. Sowohl im Vorfeld der Demonstrationen, an den jeweiligen Tagen unsere Demonstrationen selbst, als auch im Nachgang, konnten wir uns - trotz einiger in den Weg gelegter Steine -, in einigen Punkten auch juristisch bzw. argumentativ gegenüber dem Ordnungsamt und Schikanen der Polizei durchsetzen.

 

Bei unserer ersten Demonstration 2011 versuchte das Ordnungsamt, die Demonstration durch nicht hinnehmbare Auflagen einzuschränken. Neben der Auflage, dass das Fronttranspi nicht länger als 3 Meter sein durfte, waren Seiten- und Stangentransparente garnicht erlaubt. Außerdem sollten alle Ordner_innen namentlich auf einer Liste für die Polizei aufgeführt werden. Gegen diese Auflagen wurde zunächst vor dem Verwaltungsgericht und anschließend vor dem Oberverwaltungsgericht geklagt.

 

Bereits bei der Anreise der Busse aus Frankfurt, Marburg, Kassel und Göttingen, die im Konvoi die Stadt Eisenach erreichten, versuchte die Polizei einzuschüchtern, indem sie den Konvoi auf der Autobahn kurz vor Eisenach abfing und mit Blaulicht in die Stadt begleitete. Vor Ort wurden die Demonstrationsteilnehmer_innen mit der Ansage, die Polizei wolle selektiv Kontrollen durchführen, begrüßt. Es sollten, je nach subjektiver Einschätzung, einzelne Personen kontrolliert und deren Taschen durchsucht werden.

 

Obwohl in Thüringen das neue Versammlungsgesetz noch nicht in Kraft getreten ist, wurden auf Grundlage des alten alle Möglichkeiten ausgeschöpft die Demonstrierenden schon im Vorfeld einzuschränken. Nichtsdestotrotz stellte sich die Demo am Startpunkt so auf wie sie wollte und machte deutlich, dass es nicht akzeptabel ist ohne Seitentransparente los zu gehen und im Vorhinein Strukturen durch das Nennen von Namen offen legen zu müssen. Ein großes Aufgebot an Presse und Fernsehteams gab dem Ganzen den notwendigen öffentlichen Rahmen. Nach längeren Verhandlungen konnte die Demo nach einiger Zeit los gehen - ohne die Ordner_innennamen an die Polizei herausgeben zu haben, ohne Transpilängenbeschränkung und mit Seitentransparenten.

 

2012:


Im Vorfeld der Demonstration zeigte sich das Ordnungsamt dieses Mal etwas kooperativer, was die Auflagen anging. So waren – wie noch 2011 gefordert – Seitentransparente und Ordner*innen ohne Auflistung ihrer Personalien, plötzlich kein Problem mehr.

 

Doch die Polizei ließ es sich trotzdem nicht nehmen, uns auch dieses Mal eine kleine Schikane einzubauen. Als wir ankamen, war der Eisenacher Marktplatz als Ort der Auftaktkundgebung, komplett mit Hamburger Gittern und Polizeiwagen umschlossen. In diesen Raum sollten sich die Versammlungsteilnehmer_innen inkl. einer „selektiven“ Vorkontrolle hineinbegeben.

 

Aber – diese Umgitterung wurde einerseits nicht von den Leuten "angenommen" (Zitat Polizei), denn sie stellten sich einfach an  einer anderer Stelle des Marktplatzes auf. Noch konnte sie im Nachhinein vor Gericht standhalten und war somit rechtswidrig. Dazu Unsere Pressemitteilung vom 20.2.2013.

 

Der versuchte Bauerntrick der Landespolizeidirektion Thüringen zur eigenen Schadensbegrenzung im weiteren juristischen Verlauf war, dass das Eingeständnis ihres Fehlverhaltens grad noch rechtzeitig kam – bevor das Verwaltungsgericht Meiningen das endgültige Urteil fällte.

 

Trotz des massiven Polizeiaufgebots und restriktiven Auflagen, zog die Demonstration später kraftvoll durch die Innenstadt. Die Pressesprecherin damals: "Wir haben überhaupt kein Verständnis für das martialische Auftreten der Polizei. Das war ein vollkommen unverhältnismäßiges Muskelspiel der Ordnungsbehörden und hat zu unnötigen Verzögerungen geführt".

 

 

2013:


In diesem Jahr ist der Anmeldeverlauf bisher unauffällig und "normal". Wie werden also direkt am 24.5. sehen müssen, ob die bisherigen juristischen Dämpfer dazu geführt haben, dass sich die Ordnungsbehörden dieses Mal zurückhalten. Wir sind aber, falls sich weitere Schikanen auftun sollten – darauf vorbereitet. Nebenher zeigt sich auch - die Lokalpresse hat mittlerweile eine anderes Bild über unsere Proteste, den Burschentag selbst und nimmt unsere Kritik an der Stadt wohlwollend zu Kenntnis.



Demokonzept 2013 - Der Freitagabend


Wider den deutschen Burgfrieden Ähnliche Überschneidungen, wie 2012 mit den Protesten gegen den Tag der Deutschen Zukunft in Hamburg, spielten auch in der diesjährigen Diskussion um die Proteste gegen den Burschentag eine große Rolle. Denn am Samstag, den 25. Mai finden in Berlin uns Solingen zwei bundesweit beworbene Demonstrationen gegen Rassismus statt. War es im Vorjahr kaum zu vermeiden, dass die beiden linksradikalen Proteste am gleichen Datum stattfinden würden, sollte das in diesem Jahr vermieden werden. Daher hat sich das Bündnis in diesem Jahr schon früh entschieden, die Demonstration für Freitagabend, den 24. Mai zu organisieren.

 

Doch es gibt auch andere Gründe für eine Demonstration am Freitagabend. Im letzten Jahr konnte die Deutsche Burschenschaft erneut ohne Protest und Widerstand ihren Fackelmarsch abhalten. Gemeinsam mit Mitgliedern der NPD Eisenach stand man im Anschluss daran auf der Göpelskuppe unterhalb des Burschenschaftsdenkmal und sang alle drei Strophen des Deutschlandliedes.

 

Das diesjährige Demokonzept sieht daher auch ein Kontrastprogramm zur militaristischen Ästhetik der Burschenschafter bei ihrem Fackelmarsch vor, weshalb die Demonstration nicht durch einen Block geprägt sein soll. Elektronische Musik, Knicklichter und gute Stimmung sollen dieses Jahr den Charakter der Demonstration bestimmen.

Route 2013

 

 

 

 

 

 

 

 

2013 - Anreise und Mobilisierung:


EisenachZeitung2013Über unseren Twitteraccount und den Hastag #gegenburschentage2013 halten wir euch auf den aktuellen Stand der Mobilisierung und veröffentlichen unsere Pressearbeit.

 

Busse aus Marburg, Kassel und Göttingen sind geplant. Auch aus Jena, Erfurt usw. wird es eine gemeinsame Anreise geben. Wie auch in den letzten Jahren, gibt es in diesem Jahr eine Mobilisierungszeitung, Aufkleber, Plakate und gedruckte Aufrufe.

 

Diese und andere wichtige Informationen werden auf der Homepage gegenburschentage.blogsport.de veröffentlicht.