Das Jahr 2012 neigt sich dem Ende entgegen. Die Medien berichten weiterhin über die Terrorzelle „NSU“ („Nationalsozialistischer Untergrund“) und das Versagen des Verfassungsschutzes. Auch in der sächsischen Provinz hat sich wenig verändert. Nazis treiben weiterhin ihr Unwesen, belästigen alternative Jugendliche und neigen zu Gewalttaten.
Anfang Juni veröffentlichten wir bereits eine unvollständige Halbjahreschronik rechter Aktivitäten im Umkreis. Bislang zählen wir 31 Straftaten mit neonazistischem Hintergrund. Darunter befinden sich zwölf Körperverletzungen, sieben Bedrohungen und zwölf Sachbeschädigungen. Die Dunkelziffer liegt vermutlich um einiges höher.
25.01.2012 – 15:30 – Lunzenau
Drei junge Neonazis lauern einem alternativen Jugendlichen nach der Schule auf und greifen ihn an. Fazit: mehrere Prellungen, zweifach gebrochene Nase, ein abgebrochener Zahn.
11.02.2012 – 20:30 – 21:00 – Penig
Drei Neonazis belästigen und bedrängen eine alternative
Jugendliche mit Sätzen wie „Penig bleibt braun“, „Sowas wie du
gehört ins Gas“ und „Du kannst froh sein, dass du ein Mädchen bist,
sonst hätten wir dir schon längst das Genick gebrochen“.
17.02. – 18.02.2012 – Penig
In der Nacht wird der Briefkasten des am 25.01.2012 angegriffen Jugendlichen in die Luft gesprengt.
06.03.2012 – Lunzenau
Mitarbeiter des Ordnungsamts stellen am Nachmittag auf der
Töpfergasse Schmierereien fest. Unbekannte hatten an eine
Treppe ein Hakenkreuz, 50 cm x 50 cm, geschmiert. Außerdem
befinden sich an einer Mauer und an einer Hauswand mehrere
meterlange Schriftzüge, die Kennzeichen verfassungswidriger
Organisationen enthalten, darunter SS-Runen. Eine
Schadenssumme ist noch nicht bekannt. (Quelle: PD
Chemnitz-Erzgebirge)
16.03. – 17.03.2012 – Rochlitz
Nazis beschmieren das Bahnhofsgebäude mit SS-Runen und
Hakenkreuzen in oranger Farbe. Unleserliche Graffitis in
derselben Farbe befinden sich an der Grundschule und der Agentur
für Arbeit.
18.03.2012 – ca. 01:30 – Rochlitz
Vier vermummte Neonazis verfolgen mit einem dunkelblauen
Passat einen Linksalternativen in der Uferstraße. Dieser kann
glücklicherweise flüchten.
13.04.2012 – 19:00 – Geringswalde
Beim Aufhängen von Plakaten für eine Veranstaltung der Partei
„Die Linke“ werden zwei Personen durch einen stadtbekannten
Neonazi angegriffen und zum Teil schwer verletzt. Der Täter
attackiert zunächst einen der Plakatierer mit mehreren
Fausthieben in den Gesichtsbereich. Als der Geschädigte fliehen
will, wird er erneut durch Schläge auf den Hinterkopf zu Boden
gebracht. Der hinzueilende zweite Plakatierer wird ebenfalls
von dem Neonazi angegriffen, welcher sich laut Aussagen der
Geschädigten anschließend noch mit einem Baseballschläger
bewaffnet. Durch Schläge in den Kopfbereich erleidet einer der
beiden Betroffenen ein schweres Schädel-Hirn-Trauma, welches
im Krankenhaus behandelt werden muss.
29.04.2012 – 02:00 – Rochlitz
„Hexenfeuer“ – Nach verbalen Auseinandersetzungen auf dem
Markt verfolgen einige Neonazis einen alternativen
Jugendlichen. Schließlich greifen fünf Neonazis in der Nähe des
Friedhofes drei Alternative an. Zuvor hielten die Neonazis sich
wahrscheinlich in der Nähe der „Alten Schmiede“ auf und
beobachteten das Grundstück des alternativen Clubs. Es kommt
glücklicherweise nur zu leichten Verletzungen.
06.05.2012 – 00:30 – Geithain
Die LVZ berichtet: „‚Du bist Ausländer, Du musst hier von Geithain
weggehen. Die Pizzeria musst Du zumachen, sonst machen wir Dich
tot‘ hätten die Männer gesagt, erklärte Khan Amir, der aus
Pakistan stammt. Einer habe ein großes Messer in der Hand gehabt.
Mit einer Bierflasche sei mehrfach gegen die Scheibe geschlagen
worden, sie bekam ein Loch. Durch das sei dann ein Stein geflogen
gekommen, der im Innenraum auch Schaden anrichtete, so der
Angestellte.“
12.05.2012 – Geithain
Neonazis verprügeln einen Alternativen auf dem städtischen Feuerwehrfest.
12.05.2012 – 00:15 – Geithain
Vor der Pizzeria in der Katharinenstraße, deren Mitarbeiter
eine Woche zuvor „ausländer“-feindlich bedroht wurden, detoniert
kurz nach Mitternacht ein Sprengsatz. Möglicherweise handelt es
sich um einen selbstgebastelteten Böller mit enormer
Sprengkraft. Verletzt wird niemand, aber das Wohnhaus wird
evakuiert. Der Laden war zum Zeitpunkt der Explosion bereits
geschlossen. Das Landeskriminalamt und die „Sonderkommission
Rechtsextremismus“ nehmen Ermittlungen auf.
12.05.2012 – 01:00 – Limbach-Oberfrohna
In der Nacht vom 11.05. auf den 12.05. ziehen gegen 1 Uhr ungefähr
zehn Nazis zur Sachsenstraße 26 und bewerfen das Haus mit Flaschen
und Steinen. Die grölende Meute fordert die Hausbewohner auf,
sich ihr zu stellen. Bei dem Angriff gehen die Fensterscheibe eines
Bewohners durch einen Flaschenwurf zu Bruch. Anzeige wird
erstattet.
Der Angriff in Limbach-Oberfrohna reiht sich in die angekündigte „Mai-Offensive“ ein, die bisher schon einen Nasenbruch und mehrere leichtere Verletzungen verzeichnet.
02.06.2012 – 04:00 – Rochlitz
Gegen 04:00 Uhr begeben sich zwei alternative Jugendliche auf
den Heimweg von der „Alten Schmiede“ Rochlitz. In Höhe von „Sterns
Metall und Schrotthandel“ werden sie von einer Person auf das
Gelände eingeladen, um noch ein Bier zu trinken. Auf dem Gelände
werden ihnen die Personalausweise abgenommen und abkopiert.
Kurz darauf werden sie von einigen der ca. zehn anwesenden
Personen als „Zecken“ bezeichnet und herumgeschubst. Dies artet
soweit aus, dass einer der Betroffenen mit Verdacht auf mehrere
Rippenbrüche ins Krankenhaus muss. Fazit: drei Rippenbrüche,
mehrere leichte Blessuren.
03.06.2012 – 00:00 – Rochlitz
Nachdem bereits am Vortag zwei alternative Jugendliche auf dem
Heimweg von der „Alten Schmiede“ aufgegriffen und angegriffen
wurden, ereignet sich diese Nacht ein ähnlicher Vorfall. Gegen
Mitternacht begeben sich wieder zwei alternative Jugendliche
auf den Heimweg vom genannten Club. In der Höhe des Schrottplatzes
bemerken sie, wie ein Mann mit Kapuze aus dem Vereinsheim des BSC
Motor Rochlitz sich in ihre Richtung bewegt. Dieser greift beide
anschließend mit Schlägen ins Gesicht an. Eines der Opfer erleidet
einen Nasenbeinbruch, das zweite Opfer wird „nur“ leicht verletzt.
11.08.2012 – 23:00 – 24:00 – Geithain
Während zwei alternative Jugendliche in Geithain auf ihren Zug
warten, halten vor ihnen mehrere Neonazis in einem roten Kombi.
Sie steigen aus und beleidigen die Jugendlichen, stehlen ihnen
Mütze und Brille und versuchen diese auf die Gleise zu werfen.
Anschließend steigen die Neonazis wieder ins Auto und fahren
davon.
17.08. -18.08.2012 – Burgstädt
In der Nacht von Freitag zu Samstag beschmieren Unbekannte das Gebäude des Freiraum e.V. mit einer SS-Rune.
13.10.2012 – ca 22:30 – Burgstädt
Neonazis werfen aus einem fahrenden Auto einen Böller gegen das Gebäude des Freiraum e.V.
24.11.2012 – 21:45 – Limbach-Oberfrohna
Am Abend des 24.12.2012 wird gegen 21:45 Uhr eine Scheibe auf der
Dorotheenstraße 40 von Unbekannten eingeworfen. Zeugen
nehmen Stimmen wahr, die gerufene Polizei kann aber keine
Tatverdächtigen feststellen. Anzeige wurde erstattet.
30.12.2012 – 02:00 – Geithain
Bei „McDonalds“ in Borna treffen alternative Jugendliche, die
sich auf dem Rückweg von einem Konzert befinden, auf einige
stadtbekannte Neonazis aus Geithain. Nach einer kurzen verbalen
Auseinandersetzung verfolgen die Neonazis die Alternativen
in ihrem PKW bis nach Rochlitz und versuchen diese
einzuschüchtern.
Naziübergriffe sind in sächsischen Kleinstädten leider graue Normalität. Die Justiz ist oft auf dem rechten Auge blind, die Presse schweigt oder schreibt von unpolitischen Auseinandersetzungen zwischen Jugendlichen, und der Bürger kriegt von alldem meist gar nichts mit. Wir fordern dazu auf, konsequent gegen rechtsextremes Gedankengut und Neonazis vorzugehen, rechte Gewalttaten zur Anzeige zu bringen und Zivilcourage zu zeigen. Das Feindbild der Neonazis beschränkt sich längst nicht mehr nur auf Leute mit bunten Haaren. Rechte Gewalt kann jeden treffen.