In der Welt von Biernagel, Wichs und Papst

Erstveröffentlicht: 
17.12.2012

 Die Rituale und Gebräuche von Studentenverbindungen sind für viele Menschen nicht nachvollziehbar. Auch sprachlich bewegen sich Burschenschafter in ganz eigenen Sphären. Viel dreht sich dabei um das Wort "Bier".

Ein Überblick der wichtigsten Begriffe. Von Antonie Rietzschel

 

Aktivitas werden die studierenden Mitglieder der Studentenverbindungen genannt. Dazu zählen Füxe, Burschen und Inaktive. Sie kommen regelmäßig zu einem Convent, einer Mitgliederversammlung zusammen, um über die Belange ihres Bundes zu diskutieren.

 

Alte Herren, früher auch Philister genannt, sind die Mitglieder einer Studentenverbindung, die bereits das Studium abgeschlossen haben. Sie sind vor allem für eines zuständig: Geld. Nach ihrem Ausscheiden bezahlen sie weiterhin die Mitgliedsbeiträge. Im Gegenzug werden sie regelmäßig zu Veranstaltungen eingeladen. Einige ehemalige Burschen sind heute auch in der Politik aktiv, so zum Beispiel Verkehrsminister Peter Ramsauer oder Rezzo Schlauch, ehemals Fraktionschef der Grünen im Bundestag.

 

Der Biernagel ist einer der vielen Begriffe, die bei Studentenverbindungen an das Wort "Bier" gebunden sind. Biernagel heißen die metallenen Beschläge, die an dem Umschlag der Kommersbücher befestigt sind. Dadurch liegen die Bücher beim gemeinsamen Umtrunk etwas erhöht auf dem Tisch und werden vor einer Bierschwemme geschützt.

 

Burschen sind die voll berechtigten Mitglieder einer Studentenverbindung. Vor der sogenannten Burschung, der Aufnahme als Mitglieder in den Bund, haben sie als Fux die Möglichkeit, die Verbindung kennenzulernen.

 

Buxe ist ein Schimpfwort für die Burschen untereinander. Buxe bezieht sich auf die pludrige Hose des Wichs.

 

Cerevis bezeichnet das runde, verzierte Käppchen, das bei feierlichen Anlässen getragen wird. Die am meisten getragene Kopfbedeckung ist eine Schirmmütze in der entsprechenden Couleur der Verbindung. Eine Sonderform ist eine zusammenfaltbare, schirmlose Kappe, die auch Biertonne heißt.

 

Die Chargierten sind die Vorsitzenden einer Studentenverbindung. Der Erstchargierte kann die Versammlungen der Mitglieder einberufen und er leitet meist auch die Kneipe. Der Zweitchargierte hat die Aufgabe, den Erstchargierten zu vertreten und er übernimmt in schlagenden Verbindungen die Aufgabe des Fechtmeisters. An dritter Stelle steht meist der Schriftführer. Die Vorstandsposten werden jedes Semester neu besetzt.

 

Die Couleur bezeichnet die Farben einer Verbindung. Deren Mitglieder tragen sie meist als Band quer über der Brust. Sie ziert aber auch den Schläger. Traditionell tragen die meisten Verbindungen die Farbkombination Schwarz-Rot-Gold. Doch es gibt auch Bünde ohne Couleur.

 

Der Fux ist die Vorstufe des Burschen. Das erste Semester entspricht dabei einer Probezeit während welcher der Fux einmal in der Woche Unterricht beim Fuxmajor nehmen muss, um sich auf die Burschenprüfung vorzubereiten. Um sie zu bestehen muss der Neuling alles über die Geschichte seiner Verbindung wissen. Bei schlagenden Verbindungen steht außerdem die erste Mensur an.

 

Ein schöneres Wort für Kotzbecken


Die Kneipe ist in der Regel eine Zusammenkunft von Burschen verschiedener Verbindungen. Dabei werden Reden gehalten, gesungen - und es wird natürlich Bier getrunken.

 

Das Kommersbuch ist ein Gesangsbuch mit typischen Liedern der Studentenverbindungen wie "Die Gedanken sind frei" oder "O alte Burschenherrlichkeit". Das Kommersbuch wird auch Bierbibel genannt, weil es während des Trinkens meist auf dem Tisch liegt. Um es vor einer Bierschwemme zu schützen, sind am Umschlag Biernägel angebracht.

 

Die Mensur gehört in vielen schlagenden Verbindungen zum Aufnahmeritual der Füxe. Die jungen Männer stehen ungefähr einen Meter voneinander entfernt und schlagen 40 Durchgänge à 5 Schläge - manchmal mehr, manchmal weniger. Mit klassischem Fechten hat das wenig zu tun, denn es bewegt sich lediglich der Fechtarm mit dem Schläger über dem Kopf. Jeder Schlagende hat einen Sekundanten, der dazwischen geht, wenn die Schlagzahl nicht eingehalten wird oder die Gegenseite technische Fehler macht. Ziel ist es, die Mensur körperlich durchzustehen, doch neuerdings werden Berichten von Burschen zufolge auch Ehrenstreitigkeiten zwischen Verbindungsmitgliedern durch Duelle ausgetragen - eine Form der Mensur, die rechtlich verboten ist.

 

Der Papst ist ein schöneres Wort für Kotzbecken. Hier enden die Burschen, denen der übermäßige Biergenuss ordentlich auf den Magen schlägt. Der Begriff "Papst" geht auf ein Trinkspiel zurück, das man wahrscheinlich erst nach ein paar Gläsern Bier versteht.

 

Der Paukner ist ein Ort im Verbindungshaus, an dem Mensuren geschlagen werden oder an dem die Mitglieder das Fechten trainieren.

 

Der Schläger ist eine scharf geschliffene Stahlklinge, die zum Schlagen der Mensur gebraucht wird. Die Spitze ist jedoch stumpf. An der Klinge wird ein Schutz für die Hand in der Couleur der Verbindung befestigt. Der Schläger ähnelt damit einem Florett.

 

Der Stoff ist nichts anderes als Bier - anscheinend das wirkliche Bindeglied zwischen den Bünden.

 

Der Wichs bezeichnet die Kleidung, die die Burschen je nach Anlass tragen: Schwarzes Jackett, Band und Mütze für die einfachen Mitglieder; hohe Stiefel, Pluderhose und verzierte Uniformjacke für die Chargierten. Für die Mensur legen die Schlagenden den Paukwichs an, eine Schutzkleidung, die nicht nur die Arme sondern auch den Hals vor Verletzungen schützt. Außerdem setzen die Duellanten eine Stahlbrille auf, die Nase und Augen schützt. Wange, Ohren und Stirn bleiben dagegen frei und werden damit zur Trefferfläche.