Band erteilt Presse Hausverbot

«Live im Löwenpub»: Das Plakat macht auf das Konzert aufmerksam.
Erstveröffentlicht: 
10.12.2012

Das Konzert der Schweizer Rechts-Rockgruppe Vargr i Veum im Löwen-Pub in Riedt bei Erlen stand am Samstagabend nach einem Eclat kurz vor dem Abbruch. Sowohl der Wirt als auch die Polizei wussten nichts von einem Hausverbot.

 

RUDOLF STEINER

 

Der Himmel über dem Thurtal ist an diesem Samstagabend sternenklar, draussen herrscht klirrende Kälte, und kaum jemand wagt sich ins Freie. Auch auf der Hauptstrasse hat es kaum Verkehr. Es deutet nichts auf etwas Aussergewöhnliches hin. Trotzdem steht eingangs Riedt auf einer Nebenstrasse ein Patrouillenwagen der Thurgauer Kantonspolizei. Vor dem Löwen-Pub stehen zwei Dutzend Autos, der grössere Teil aus dem Thurgau, einzelne mit Kontrollschildern von Appenzell Ausserrhoden, Aargau und Bern.

 

Mit geballten Fäusten

 

Dafür geht es im Innern des Pubs heiss zu und her, die Rockgruppe Vargr i Veum (althochdeutsch «heimatlos», «vogelfrei») lässt es gehörig krachen. Die schulterfrei gekleideten Jungs Typ Bodyguard recken zu Songs wie «Violence» und «Wotanslied» die geballten Fäuste nach oben und tanzen, einem wilden Ringkampf ähnlich, demonstrativ körperbetont vor der Bühne herum, während im Publikum ein grosses Kuhhorn mit Bier gefüllt herumgereicht wird. Die Mitglieder der vierköpfigen Rockband kommen vorwiegend aus der Region, genauere Angaben existieren von den beiden Gitarristen, von denen einer eine lange, blonde Perücke trägt, dem Bassisten und dem Drummer nicht. Allerdings wird die Band dem erweiterten Umfeld der rechtsnationalen Szene der Schweiz zugerechnet. Darauf deutet auch das Publikum hin: von den Männern die meisten glatzköpfig, bis über die Schultern tätowiert und mit unzähligen Piercings, schwarz gekleidet in T-Shirts mit Totenköpfen, Runen, Symbolen und Schlagworten wie «Rebellion».

 

Auch die wenigen Frauen tragen Tiefschwarz und sind auffällig gepierct. An der Rückwand auf der Bühne sind zwei rote Flaggen mit einem blauen, diagonalen Kreuz aufgehängt. Die Südstaatenflagge wird in den USA von rassistischen und antisemitischen Gruppierungen benutzt, um sich für die «weisse» Herrschaft und die Unterdrückung der Schwarzen auszusprechen und die die US-amerikanische Regierung verschwörungstheoretisch als «jüdisch kontrolliert» deuten.

 

«Gehören zu Stammkunden»

 

Zum Eclat kommt es aber bereits in der Pause kurz vor zehn Uhr, als einer der beiden Gitarristen von Vargr i Veum dem im Pub anwesenden Journalisten der Thurgauer Zeitung demonstrativ eine Mitteilung überreicht. Darauf steht kurz und bündig: «Hiermit erteilt die Band der Presse Hausverbot! Kopie an H. Lei, R. Weibel, Herrn Jenny.» Im Konzertlokal sind zu dieser Zeit etwa zwei bis drei Dutzend Personen anwesend. Im durch eine Glaswand abgetrennten Restaurant gleich nebenan halten sich etwa ein Dutzend Gäste auf, die von Wirt Rolf Weibel bedient wurden. Vom Journalisten mit dem Hausverbot konfrontiert, ist Weibel vom eigenmächtigen Vorgehen der Band total überrascht. «Das kann ich nicht tolerieren, das ist ein öffentliches Lokal, und ich habe die Band verpflichtet. Von einem solchen Verbot war nie die Rede». sagt der Wirt. Sein Versuch, mit dem Gitarristen und Wortführer der Band in der Angelegenheit zu vermitteln, scheitert, denn die Band droht demonstrativ mit dem Abbruch des Konzerts. «Der grössere Teil der Band gehört zu meiner Stammkundschaft, und ich will mich mit ihnen nicht anlegen», lautet der Kommentar des Wirts zum Entscheid, auf die Forderungen der Band einzugehen.

 

«Nichts Gesetzeswidriges»

 

Anscheinend reicht es Weibel schon, dass die Thurgauer Zeitung mit den Berichten am Freitag und Samstag über das Konzert berichtet hatte. «Ich bin stinksauer. Mit diesen beiden Berichten hat man meine Stammkundschaft vertrieben und die Aufbauarbeit der letzten sieben Jahre kaputtgemacht», sagt Weibel. Daran, dass bei den Konzerten von Vargr i Veum jeweils die Polizei vor Ort anwesend ist, hat er sich bereits gewöhnt. Das war auch am Samstagabend so. Nach Aussagen von Daniel Meili, Pressesprecher der Kapo Thurgau, sei die Situation am Samstagabend rund ums Konzert ruhig und problemlos verlaufen. «Unsere Leute haben vor Ort nichts Gesetzeswidriges festgestellt», sagt Pressesprecher Meili. Wie der Wirt waren aber auch die vor Ort anwesenden Kantonspolizisten nicht über das eigenmächtige Hausverbot informiert.