Hessischer Innenminister: Dresdensia-Rugia kein Einzelfall

Erstveröffentlicht: 
30.11.2012

Gießen/Wiesbaden (mö). Das Landesamt für Verfassungsschutz hat offenbar auch nach dem Jahr 2006 die Gießener Studentenverbindung Dresdensia-Rugia (DR) im Blick gehabt.

 

Zwischen 2007 und heute seien »einzelne hessische Burschenschaften«, die dem Dachverband Deutsche Burschenschaft angehören, vom Verfassungsschutz beobachtet worden, erklärte Hessens Innenminister Boris Rhein (CDU) in einem von der Fraktion der Grünen beantragten Bericht, der am Donnerstag im Innenausschuss des Landtags diskutiert wurde.

Wie Rhein erläuterte, gebe es Hinweise darauf, dass in Hessen fünf Burschenschaften »im Kontakt mit rechtsextremistischen Gruppierungen stehen«. Welche das sind, wie die Kontakte zwischen den Verbindungen und der rechtsextremen Szene konkret aussehen und wie die Hauptakteure heißen, führte der Minister mit Rücksicht auf den »Daten- und Quellenschutz« sowie aus »operativen Gründen« nicht näher aus.

Auch in seiner Antwort auf die Frage der Grünen nach Kontakten zwischen Burschenschaften und der NPD, die im Fall der Dresdensia-Rugia belegt sind, nannte Rhein keine Details, sprach aber davon, dass bei »einer« hessischen Burschenschaft Funktionsträger der NPD Mitglied seien.

Dass es sich dabei nur um die DR mit Sitz im Großen Steinweg handeln kann, ist schon lange kein Geheimnis mehr. Den Datenschutz hatte unlängst der sächsische NPD-Landtagsabgeordnete Jürgen W. Gansel quasi selbst aufgehoben, als er in einer Landtagsdebatte über Hochschulpolitik sagte, dass er und sein Fraktionskollege Arne Schimmer der DR in Gießen »bis heute angehören«.

Innenminister Rhein bezog auch Stellung zur Frage, warum in den Jahresberichten des Landesamtes für Verfassungsschutz seit 2007 keine Burschenschaft mehr genannt wurde, was im Fall der DR für die Jahre 2005 und 2006 noch galt, als sie als »rechtsextreme Vereinigung« gelistet worden war.

 

Wie Rhein erklärte, müsse es für eine Erwähnung im Verfassungsschutzbericht erwiesen sein, dass eine Gruppe verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolge. Aber selbst für den Fall, dass diese Voraussetzung erfüllt sei, müsse das Landesamt für Verfassungsschutz abwägen, ob eine Nennung im Jahresbericht verhältnismäßig sei, verwies der Minister auf die »ständige Rechtsprechung«.

Grüne unzufrieden mit Antworten

Zu Beginn seiner Ausführungen hatte Rhein davor gewarnt, Pauschalurteile über das Burschenschaftswesen zu fällen. Hier müsse sorgfältig zwischen den einzelnen Organisationen unterschieden werden. Generell sei es gerade bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus wichtig, bestehende und mögliche Vernetzungen frühzeitig zu erkennen und zu verhindern. Und dies, stellte Rhein fest, »gilt fraglos auch für den Bereich der Burschenschaften«.

Die Grünen reagierten mit Enttäuschung auf die Antworten Rheins. Innenexperte Jürgen Frömmrich: »Unter Hinweis auf das geheime operative Handeln des Verfassungsschutzes will der Minister nicht einmal sagen, wie viele Burschenschaften oder deren Mitglieder mit der NPD verquickt sind. Wie die Mitteilung dieser Zahlen die Arbeit des Verfassungsschutzes stören soll, vermag ich beim besten Willen nicht nachzuvollziehen«.