Bericht zur Flüchtlings-Protestkundgebung in Mannheim am Freitag, den 2. November 2012

Refugees Welcome

Der öffentliche Protest einer Gruppe Mannheimer Flüchtlinge am vergangenen Freitag auf dem Marktplatz in Mannheim war für Mannheimer Verhältnisse ein Erfolg. Die Kundgebung auf dem Marktplatz war beim Ordnungsamt angemeldet, begann um 11 Uhr und dauerte insgesamt bis etwa 16 Uhr. Es wurden verschiedene Redebeiträge gehalten, von den beiden unterstützenden Organisationen, dem Bündnis gegen Abschiebungen Mannheim und dem Legal Team Mannheim/Heidelberg, vom Stadtrat der Partei der Linken, Thomas Trüper, sowie der antirassistischen Gruppe „aufgetaucht!“ aus Heidelberg.

 

Thematisiert wurde die vom Staat betriebene Diskriminierung der Flüchtlinge, die unzureichenden, entwürdigenden Lebensbedingungen und die aktuellen Forderungen der Flüchtlinge, die seit Wochen in ganz Deutschland für gleiche Rechte und ein Ende ihrer Diskriminierung eintreten.

 

Auch die Medien waren vertreten. Radio Kurpfalz sendete schon am gleichen Tag um die Mittagszeit einen kurzen Bericht über die entwürdigenden Lebensbedingungen der Flüchtlinge in der sogenannten „Gemeinschaftsunterkunft“. Faktisch ist dies ein Lager, wo derzeit mehr als 400 Flüchtlinge untergebracht sind. Dieses Lager im Stadtteil Neckarstadt-West in Mannheim sticht besonders durch seine repressiven Besucher-Kontrollen, hervor, die ähnlich sind wie in Gefängnissen. Rund um die Uhr verrichten dort Angestellte eines von der Stadtverwaltung angeheuerten privaten Sicherheitsdienstes ihren rigiden und oft schikanösen Kontrolldienst. Auch werden die Flüchtlinge immer wieder eingeschüchtert, falls sie protestieren oder protestieren wollen. BesucherInnen, die mit den Flüchtlingen solidarisch sind, werden ebenfalls immer mal wieder daran gehindert, BewohnerInnen zu besuchen. Ein Protest wird schnell mit einem willkürlich verhängten, nicht weiter begründeten Hausverbot geahndet.

 

In der Pressekonferenz um 14 Uhr schilderte ein Lagerbewohner eindringlich, dass die Lagerverwaltung es in einem Zeitraum von sieben Monaten nicht fertig gebracht hat, die durch Taubenkot auf dem Dachboden über seinem Zimmer verursachte Gesundheitsgefährdung für seine Familie – darunter ein Kleinkind – zu beseitigen. Es wurde stattdessen über Monate lang, offensichtlich erfolglos, mit höchstwahrscheinlich giftigen Chemikalien gegen den Taubenkot vorgegangen. Von den anwesenden Flüchtlingen wurde ebenfalls beklagt, dass sie im Lager immer wieder Kakerlaken fänden.

 

Die Lebensbedingungen der Flüchtlinge sind unzumutbar. Hier steht die Stadtverwaltung in der Pflicht und muss dringend für Abhilfe sorgen. Die Flüchtlinge fordern darüber hinaus die Bereitstellung von normalen Wohnungen statt die Unterbringung in Lagern.

 

Weitere Forderungen sind:

  • die vollständige Aufhebung der Residenzpflicht und die uneingeschränkte Bewegungsfreiheit,

  • Arbeits-, Studien- und Ausbildungserlaubnis für alle Asylsuchenden

  • Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes

  • Verkürzung der Asylverfahren

  • Recht auf Anerkennung aller Asylsuchender („Asylbewerber“) als politische Flüchtlinge

  • kostenlose Deutschkurse für alle

  • den Stopp von Abschiebungen

Mit diesen Forderungen schließen sich die Flüchtlinge der bundesweit aktiven Flüchtlingsbewegung an.

 

Sie haben den anwesenden RedakteurInnen zudem erklärt, dass sie für diese Forderungen verstärkt kämpfen werden. Sie wollen genau so behandelt werden wie Nicht-Flüchtlinge und nicht mehr länger diskriminiert und ausgegrenzt werden. Auch bei der nächsten Gemeinderatssitzung am 27. November wollen sie für ihre Rechte eintreten.

 

4. November 2012, Bündnis gegen Abschiebungen (BgA) Mannheim