Linksregierung riskiert wegen Flughafenbau Streit mit grünen Partnern
Was unter Nicolas Sarkozy jahrelang vermieden wurde, hat jetzt die Linksregierung gewagt: Unter massivem Polizeieinsatz wurden Umweltaktivisten von der von ihnen besetzten Baustelle des neuen Flughafens Notre-Dame-des-Landes bei Nantes in Westfrankreich vertrieben.
Seit nunmehr drei Jahren versuchen die Besetzer, den Bau zu verhindern. Auch zahlreiche Landwirte wehren sich gegen ihre Vertreibung. Gegen sie laufen zur Zeit noch Gerichtsverfahren mit dem Ziel der Enteignung. Die Betroffenen vor Ort, die Umweltverbände und die Partei der Grünen kritisieren die Pläne zum Bau eines neuen Flughafens, der den bisherigen Flughafen von Nantes ersetzen soll, als überdimensioniert, mit geschätzten zwei Milliarden Euro direkten und indirekten Kosten als maßlos teuer und wirtschaftlich schlichtweg überflüssig.
Auslöser der Proteste war nicht zuletzt die Befürchtung, der Flughafen werde mit seinen CO2-Emissionen, Kerosindämpfen und anderen Schadstoffen sowie dem Lärm eine schwere Belastung für die ganze Region darstellen. Dafür wird in einem Gebiet, das bisher der Versorgung und Erholung der Einwohner des 30 Kilometer entfernten Nantes diente, 20 000 Hektar Äcker und Wiesen geopfert.
Die Flughafenbefürworter argumentieren, dass Frankreich angesichts der ständig steigenden Zahl von Flugpassagieren neben Paris-Roissy einen zweiten großen Umsteige-Flughafen braucht. Dies solle der Airport Grand Ouest in Notre-Dame-des-Landes werden, dessen Baubeginn für Anfang 2013 geplant ist. 2017 soll der Flugbetrieb beginnen. Zu Beginn für eine Jahreskapazität von drei Millionen Passagieren ausgelegt, sollen es bis 2050 neun Millionen werden. Während die Sozialisten seit jeher den Bau dieses Flughafens befürworten und der ehemalige Bürgermeister von Nantes und jetzige Premierminister Jean-Marc Ayrault einer der energischsten Verfechter dieser Pläne ist, lehnt die Partei der Grünen das Projekt vehement ab. Wegen dieser Differenzen ist das Thema auch nicht in die Koalitionsvereinbarung der beiden in der Linksregierung zusammenarbeitenden Parteien aufgenommen worden. Bezeichnenderweise haben die Sozialisten den Grünen auch den Posten des Umweltministers verweigert und lieber selbst besetzt.
Dass jetzt der sozialistische Regierungschef und sein Innenminister Manuel Valls massiv mit Polizei und Räumtechnik gegen die Baustellen-Besetzer vorgingen, empfinden die Grünen als Affront und erhebliche Belastung des Klimas in der Regierungskoalition. Pascal Durand, Nationalsekretär der Grünen, bedauert die Polizeiaktion, »für die es keinerlei aktuellen Handlungsbedarf gab«, und fordert, dass die Regierung »den Ausgang der noch laufenden Einspruchsverfahren und der Enteignungsprozesse abwartet«. Demgegenüber hat der Präfekt der Regierung für die Region Loire Atlantique, Christian de Lavernée, weitere Räumungsaktionen angekündigt, wenn dies für den geplanten Baubeginn Anfang Januar 2013 nötig sei sollte.