Es sind schwere Anschuldigungen, Anwälte sprechen von Szenen wie im Foltergefängnis Abu Ghuraib: 15 griechische Anti-Nazi-Demonstranten klagen laut "Guardian", in Haft misshandelt worden zu sein. Polizisten hätten sie geschlagen, nackt gefilmt und ihre Haut verbrannt.
Athen - Die Fotos auf der Internetseite des britischen "Guardian" sind nichts für schwache Nerven. Ein Mann zeigt einen tellergroßen Bluterguss an seinem Oberschenkel. Eine andere Aufnahme zeigt ihn mit einem Verband am Bein, den rechten Arm trägt er in einer Schlinge. Laut der britischen Zeitung zeigen sie einen von 15 Demonstranten, die in griechischen Polizeistationen misshandelt worden sein sollen.
Besonders brisant: Bei den Tätern handelt es sich nach Angaben des Blattes um Mitarbeiter der griechischen Kriminalpolizei. Ihnen wird neben der Folter der Demonstranten auch eine Nähe zu der rechtsextremen Partei Goldene Morgenröte unterstellt, die im Zuge der Finanzkrise immer größeren Zulauf in Griechenland bekommt.
Am 30. September 2012 wurden 15 Demonstranten nach Zusammenstößen mit Mitgliedern der Neonazi-Partei festgenommen. Was nach Angaben der Opfer folgte, erinnert laut ihren Anwälten an Szenen aus dem irakischen Gefängnis Abu Ghuraib, wo US-Soldaten zahlreiche Gefangene brutal misshandelt und ihre Taten gefilmt hatten.
Die Polizisten hätten die Gefangenen geschlagen, angespuckt und Zigaretten an ihnen ausgedrückt, heißt es in dem Bericht des "Guardian". Andere Gefangene hätten sich ausziehen und entwürdigende Posen einnehmen müssen. Dabei hätten Beamte sie mit ihren Mobiltelefonen gefilmt. Über einen Zeitraum von 19 Stunden sei ihnen sowohl Trinkwasser als auch der Kontakt zu einem Anwalt verwehrt worden. "Wir waren so durstig, dass wir aus den Toiletten getrunken haben", sagte eines der namentlich nicht genannten Opfer.
Als am Tag nach den Festnahmen eine weitere Gruppe linksgerichteter Demonstranten gegen die Polizeigewalt demonstriert habe, sei auch diese in Gewahrsam genommen worden. Von ihnen gibt es Berichte über Folter mit einem Elektroschockgerät und die Verweigerung ärztlicher Behandlung trotz eines Armbruchs.
Neonazis als Hilfssheriffs?
Immer wieder sei den Inhaftierten gedroht worden, man werde ihre Namen an die Schlägertrupps der Goldenen Morgenröte weitergeben. Bereits im vergangenen Monat hatte der "Guardian" über mögliche Verbindungen zwischen Polizei und der rechten Partei berichtet. So werde bei Problemen mit Immigranten auf Polizeirevieren immer öfter geraten, sich an die Mitglieder der Goldenen Morgenröte zu wenden. Seit längerem warnen Beobachter, dass sich die Neonazis nicht nur zu einer politischen Gefahr, sondern auch zu einer Art Behelfspolizei entwickeln könnten.
Die beschuldigte griechische Polizei weißt die Vorwürfe entschieden zurück. Sprecher Christos Manouras erklärte: "Es hat keinerlei Übergriffe gegen Irgendjemanden in Polizeigewahrsam gegeben. Wir nehmen jeden Bericht sehr ernst, und es drohen strenge Disziplinarmaßnahmen bei möglichen Verstößen. Es gibt aber keinen Zweifel, dass die griechische Polizei stets die Menschenrechte achtet."
Der Anwalt eines der Opfer räumt ein, dass er bisher eher selten mit Vorwürfen der Polizeigewalt konfrontiert wurde. "Das zeigt, dass ein neues Kapitel angebrochen ist. Bisher galten unsere Gefängnisse als sicher. Doch diese jungen Menschen haben dunkle Stunden durchlebt", sagte er.
jok