Von Kai Budler
Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann hat mit sofortiger Wirkung die Neonazi-Gruppierung „Besseres Hannover“ verboten. Bei groß angelegten Durchsuchungen wurde die Verbotsverfügung am Dienstagmorgen den vier Köpfen der Gruppierung zugestellt.
Noch vor wenigen Tagen hatte „Besseres Hannover“ die fünfte Ausgabe der rechtsextremen Schülerzeitung „Bock“ im Netz veröffentlicht, doch die darin angekündigte Unruhe dürften eher die Mitglieder der Gruppierung am eigenen Leib gespürt haben. An 27 Orten in Niedersachsen durchsuchte die Polizei am frühen Dienstagmorgen Gebäude, allein 21 Durchsuchungen fanden im Raum Hannover statt. Neben Computern, Zubehör und Handys stellten die Beamten unter anderem eine Handgranate, eine Machete sowie Hieb- und Stichwaffen, eine Hakenkreuzfahne und jede Menge Propagandamaterial sicher, darunter auch Schilder und Plakate der NPD.
Die Behörden rechnen der Gruppierung „Besseres Hannover“ 40 Neonazis zu, gegen 22 davon hat die Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung eingeleitet. Nur 30 Minuten vor der Pressekonferenz in Hannover durchsuchte die Polizei als letztes Objekt den Treffpunkt der Gruppe. Nach mehrmonatigen Ermittlungen könne man nun Vereinsstrukturen rechtssicher belegen, sagt Innenminister Schünemann und spricht von einem klaren Signal für den weiteren Kampf gegen Rechtsextremismus. „Man redet nicht über Verbote, man macht sie beweissicher und schlägt zu“, so der Minister vor der Presse in Hannover.
Wesensverwandtschaft zum Nationalsozialismus
„Besseres Hannover“ existiert seit 2008 und gilt als der momentan aktivste Zusammenschuss von Neonazis in Niedersachsen. Mit dem Verbot ist auch die Verwendung des „Abschiebebärs“ untersagt, er gilt als prägendes Vereinskennzeichen. Die Veröffentlichung der Zeitschrift „Bock. Das Sprachrohr der Gegenkultur“ ist ebenfalls verboten, der Internetauftritt wurde eingestellt.
Allein schon durch einige Formulierungen sieht Innenminister Schünemann eine Wesensverwandschaft zum Nationalsozialismus, die Gruppe richte sich in aggressiv kämpferischer Weise gegen den Rechtssstaat und gegen den Gedanken der Völkerfreundschaft. Der Zweck der Vereinigung sei es, Straftaten zu begehen. Hannovers Polizeipräsident Axel Brockmann ergänzt: „Das ist ein wirklich guter Tag“. Der Beamte gehört selbst zu den Personen, die von „Besseres Hannover“ ins Visier genommen wurden – Brockmann sagt: „Das ist eine sehr unangenehme Situation“.
Bereits weitere Aktivitäten signalisiert
Seit ihrer Gründung im Jahr 2008 haben die Behörden die Gruppierung im Visier, seitdem wurden 23 Strafverfahren mit Bezug zu der Gruppe eingeleitet. Der Auslöser für die aktuellen Ermittlungen stammt aus dem vergangenen Jahr, als Sozialministerin Aygül Özkan eine anonyme Mail mit dem Link zum ersten Video des „Abschiebär“ erreichte. Vor einem Döner-Imbiss reckt darin eine Person in einem Bärenkostüm den rechten Arm zum so genannten Hitler-Gruß. Verschickt haben soll die Mail Marc-Oliver M., ehemaliger Vorsitzender der NPD Hannover und führendes Mitglied von „Besseres Hannover“.
Erst kurz vor der diesjährigen parlamentarischen Sommerpause hatten Mitglieder der Neonazi-Gruppe versucht, die Plenarsitzung des niedersächsischen Landtages zu stören. Dort waren vermehrt Forderungen nach einem Verbot von „Besseres Hannover“ laut geworden. Einer möglichen Klage gegen das Verbot sieht der niedersächsische Innenminister Schünemann gelassen entgegen. Er verweist auf die „beweissicheren Ermittlungen“. Unterdessen hat ein Teil der jetzt verbotenen Truppe bereits weitere Aktivitäten signalisiert: In einem Eintrag auf der Homepage heißt es nach den Durchsuchungen: „Wir bleiben weiter unbequem!“.