Gruppenführer gehörte Ku-Klux-Klan an

KKK
Erstveröffentlicht: 
02.08.2012

Von Adrian Hoffmann und Michael Schwarz

Stuttgart/Heilbronn - Nach Informationen der Heilbronner Stimme war tatsächlich zumindest einer der Bereitschaftspolizisten aus Böblingen, die am Tag von Michèle Kiesewetters Ermordung Dienst hatten, früher mit dem Ku-Klux-Klan verbunden. Der 31-Jährige war sogar Gruppenführer der am 25. April 2007 in Heilbronn eingesetzten Bereitschaftsbeamten der Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit 523. Das belegen Unterlagen, die unserer Redaktion vorliegen.

 

Discobesuche


In einer Vernehmung im Mai 2009 sagte der Bereitschaftspolizist demnach aus, ihm sei in Erinnerung, dass Michèle Kiesewetter für jemand anderen eingesprungen sei. Der Gruppenführer teile in der Regel die Streifenpartner ein. Aber er handhabe es so, dass er die Beamten frage und ihnen Entscheidungsspielraum lasse. An der Besetzung Martin A. und Michèle Kiesewetter habe er überhaupt kein Problem gesehen. Er beschrieb sein Verhältnis zu Kiesewetter als gut, zwischen kollegial und freundschaftlich. Zusammen mit Kollegen sei man auch in Discos gegangen.

 

Zuvor Schulung


Kurze Zeit vor der Tat, die sich gegen 14 Uhr ereignete, hatten beide Gruppen von der Bereitschaftspolizei, die an jenem Tag in Heilbronn im Einsatz waren, eine Schulung im Lehrsaal des Heilbronner Polizeireviers. Anschließend begaben sie sich auf Streifenfahrt. Eigenen Angaben zufolge war der Gruppenführer mit einem Kollegen in der Nähe des Bahnhofes, als er von der Tat auf der Theresienwiese erfuhr. In einer Vernehmung im Jahr 2007 gab der Polizist an, ihm sei die Theresienwiese nicht als Pausenplatz bekannt gewesen.

 

Der ehemalige Zugführer von Michèle Kiesewetter streitet unterdessen die Vorwürfe, er sei ein ehemaliges Mitglied des Ku-Klux-Klans gewesen und habe möglicherweise Tipps an den NSU gegeben, ab. „Das alles hat mit meiner Person rein gar nichts zu tun“, sagte er gestern auf Anfrage der Heilbronner Stimme zu einem Bericht in der „Bild“-Zeitung vom Montag, in dem von Kiesewetters „Zugführer“ als möglichem NSU-Tippgeber die Rede war. Das baden-württembergische Innenministerium bestätigte später, dass der Zugführer nicht in Zusammenhang mit dem Ku-Klux-Klan gebracht wird. Offenbar kam es zu einer Verwechslung mit dem Begriff „Gruppenführer“.

 

Wortkarg


Die für Öffentlichkeitsarbeit Zuständigen bei der Bereitschaftspolizei Böblingen wollen unterdessen nichts zur Thematik sagen. „Das ist politisch so angeordnet“, sagte einer der Sprecher. Er verweist auf das Bundeskriminalamt, das wiederum auf die Generalbundesanwaltschaft – diese gibt sich allerdings wie gewohnt wortkarg: „Nach den bisherigen Ermittlungen gibt es keine Anhaltspunkte, dass andere Personen als die drei mutmaßlichen NSU-Mitglieder an dem Mordanschlag auf die Polizeibeamten in Heilbronn beteiligt gewesen sein könnten.“

 

Fassungslos


Die Aufregung angesichts der Entwicklungen ist auch unter Politikern groß. Hartfrid Wolff, FDP-Obmann im Bundestags-Untersuchungsausschuss in Berlin, äußert sich entsetzt. „Es hat mich fassungslos gemacht, dass deutsche Polizeibeamte Mitglied im Ku-Klux-Klan, also in antisemitischen Gruppierungen, gewesen sein sollen“, sagte der Politiker aus dem Rems-Murr-Kreis.

Auch Baden-Württembergs Innenminister Reinhold Gall äußerte sich überrascht. „Die Idee, dass es so etwas in Baden-Württemberg gegeben hat, kommt einem nicht so schnell.“ Der SPD-Politiker sprach bei der Beurteilung der Situation von Ausnahmen. „Ein Polizist muss mit beiden Beinen auf dem Boden der Verfassung stehen.“ Das gelte auch für dessen Freizeit. Er bedauere, dass die Berichte über die Ku-Klux-Klan-Mitgliedschaft dem Ansehen der Polizei schadeten. „Es tut mir leid für die, die tagein, tagaus ihren Dienst zu 100 Prozent leisten.“