BONN – Eine blutrote Spur auf der Straße, mitten in Kessenich. Von der Haltestelle Eduard-Otto-Straße zieht sie sich 500 Meter in die August-Bier-Straße. „Abschiebeprofiteur“, prangert in dicken braunen Lettern an der Wand eines Hauses. An Autoscheiben und Briefkästen hängen Flyer, gespickt mit Vorwürfen. Ziel der Attacke ist Asyl-Gutachter Stephan S. (Name geändert). Der Staatsschutz ermittelt.
„Einfach nur krass“, sagt eine Nachbarin. Als sie gegen 23 Uhr auf dem Weg nach Hause war, sah sie eine Gruppe dunkler Gestalten die Flyer verteilte. Spätestens um fünf Uhr morgens, so eine andere Nachbarin, sei die rote Spur da gewesen.
Vermutlich eine Aktion von Abschiebegegnern. In den Flyern wird dem Arzt vorgeworfen, er sei ein Teil der „Abschiebemaschinerie.“ Stephan S. war zu diesem Zeitpunkt nicht zu Hause: Er kam erst im Laufe des Tages zurück.
Die Aktion hängt wohl mit seiner Arbeit zusammen: Menschen denen die Abschiebung droht, wissen sich oft nicht anders zu helfen, als sich Krankschreiben zu lassen. Kranke Menschen dürfen nicht abgeschoben werden. Viele wenden sich dann an Psychologen, an Ärzte die sie gegen Gebühr krankschreiben. Wenn der Staat Zweifel hat, muss der Bonner klären, ob die Krankheit echt ist. Erklärt er die Menschen für gesund, müssen sie ausreisen.
S. verteidigt sich: „Vor Gericht sind meine Gutachten noch nie angezweifelt worden. Es ist kein schönes Gefühl, wenn man das eigene Haus beschmiert sieht“, sagt er. Frank Piontek (Polizei Bonn): „Es gibt Hinweise auf einen politisch motivierten Hintergrund, deshalb ermittelt jetzt der Staatsschutz.“ Wer die Kosten für die Entfernung der Farbe auf dem Bürgersteig trägt, ist unklar.