Erklärung zur “Nakba”-Ausstellung in KölnZur Ausstellung „Nakba – Flucht und Vertreibung der Palästinenser“, die am 11.6.2012 im Allerweltshaus eröffnet wird, haben Mitglieder des Kölner Arbeitskreises Israel-Palästina eine Erklärung verabschiedet…
Der kürzlich gegründete Kölner Arbeitskreis Israel-Palästina ist ein Netzwerk von Institutionen, die sich in ihrer praktischen Arbeit um eine Verständigung und Zusammenarbeit zwischen Deutschen, Israelis und Palästinensern sowie eine friedliche, gerechte Lösung des Nahostkonflikts einsetzen.
Erklärung zur Ausstellung „Nakba – Flucht und Vertreibung der Palästinenser“ in Köln
Köln ist eine weltoffene Stadt. Seit Jahren stellen sich Stadtgesellschaft sowie Politik und Verwaltung der Stadt Köln in vielfältiger Weise menschenverachtenden Ideologien entgegen. In unterschiedlichen Aktionsformen setzt sich der Kölner Arbeitskreis Israel-Palästina ein für einen offenen Dialog, das Gespräch mit anderen und erteilt Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus eine klare Absage. Kirchen, Religionsgemeinschaften, Kölner Vereine und Institutionen pflegen seit Jahrzehnten freundschaftliche Beziehungen mit Israel und Palästina. Kölner Bildungseinrichtungen bemühen sich um aktuelle, differenzierte Darstellung der Konfliktlage und Ansatzpunkte für friedliche Lösungswege. Als erste und bislang einzige deutsche Stadt ist Köln durch Tel Aviv-Yafo und Bethlehem mit beiden Völkern städtepartnerschaftlich und freundschaftlich verbunden.
Völkerverbindende Kontakte wie diese stützen den immer wieder von Rückschlägen bedrohten Nahostfriedensprozess von unten. Wie wichtig diese bürgerschaftlichen Kontakte sind und welche zukunftsweisenden Perspektiven sie eröffnen, hat die von der Stadt Köln zusammen mit den Kommunalverbänden Israels und Palästinas vom 29. November bis 1. Dezember 2011 in Köln durchgeführte Nahost-Bürgermeister-Konferenz deutlich gemacht. Solche Begegnungen gelingen, wenn sich alle Beteiligten in einem Geist der Zusammenarbeit, Offenheit und gegenseitigem Respekt begegnen. Mit großer Sorge und Skepsis sehen wir die Ausstellung »Die Nakba – Flucht und Vertreibung der Palästinenser 1948«. Dass sie dazu beitragen will, dem hierzulande allzu oft vergessenen Leiden der palästinensischen Flüchtlinge seinen ihm zukommenden Platz in der Erinnerung der Gesellschaft zu sichern, bestreiten wir nicht. Doch wie sie es tut, ist problematisch.
Die Ausstellung bietet zwar eine Fülle wichtiger Informationen, die jedoch, weil sie nicht wirklich in die komplizierten politischen Verhältnisse der Geschichte des Nahen Ostens eingeordnet und in diesem Gesamtkontext gewichtet werden, leicht als einseitige Schuldzuweisungen an Israel und den Zionismus verstanden werden können. Damit wird die Ausstellung ihrem erklärten Bemühen, einen Beitrag zu Aussöhnung, Gerechtigkeit und Frieden in Israel/Palästina zu leisten, nicht gerecht. Der zukünftigen friedlichen Entwicklung in dieser Region ist damit nicht gedient.
Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: In der Diskussion um die Zukunft des Nahen Ostens soll und darf das Schicksal der palästinensischen Bevölkerung 1947/1948 weder beschönigt, ausgeblendet noch verschwiegen werden. Dieses Leid wird jedoch erst verstanden, wenn es in dem zu ihm gehörenden historischen Kontext präsentiert wird. Die Ausstellung ist lückenhaft: So fehlt jeder Hinweis auf die Verstrickung palästinensischer Führer mit dem Naziregime in Deutschland. Auch der massive und lebensbedrohliche Antisemitismus in vielen arabischen Ländern, der insbesondere nach 1948 zu einer gewalttätigen Vertreibung hunderttausender Juden aus ihren angestammten Heimatorten führte, wird nicht thematisiert. Und eine über die Beschreibung des Status quo hinaus gehende kritische Auseinandersetzung mit der Behandlung der palästinensischen Flüchtlinge durch die umliegenden Staaten bis heute sucht man ebenso vergeblich wie Hinweise auf palästinensischen Terrorismus, arabische Vernichtungsdrohungen und iranische Endlösungsrethorik.
Die Unterzeichnenden fürchten, dass die unvollständige und missverständliche Darstellung der Ausstellung antiisraelischen und möglicherweise auch antisemitischen Tendenzen Vorschub leistet. Es gibt einen Zusammenhang zwischen Antizionismus, einseitiger Israelkritik und antisemitischen Stereotypen.
Frieden, Gerechtigkeit und Versöhnung im Nahen Osten können nur Realität werden, wenn beide Seiten ihre Geschichte und konträre Sicht jeweils zur Kenntnis nehmen und daraus Folgerungen
entwickeln.