Mieter gegen Heuschrecken

München Mieterinnendemo GBW
Erstveröffentlicht: 
26.05.2012

Nach den gewaltigen Mieterprotesten im München der frühen 70ger Jahre und der darauf folgenden jahrzehntelangen Ruhe hat es jetzt endlich wieder eine Mieteraktion vor dem bayerischen Finanzministerium gegeben. Anlass war der Beschluss der CSU/FDP-Landesregierung, die im Besitz der Bayerischen Landesbank (BLB) befindlichen 32.000 GBW-Wohnungen zu verkaufen. Die BLB hatte sich bei dem Versuch, im globalen Spekulationscasino mitzuspielen, überhoben und wurde von der bayerischen Staatsregierung vor der Pleite gerettet. Die EU-Kommission genehmigte die Milliardenhilfen aus den öffentlichen Kassen, verlangt jedoch im Gegenzug den Verkauf der Wohnungen.

 

Die Bayerische Staatsregierung - anstatt die Wohnungen gemeinsam mit den Kommunen zu übernehmen -, will diese auf den boomenden Immobilienmarkt werfen. Bayerns Finanzminister Söder (CSU) räumt den Mietern lediglich eine juristisch unverbindliche soziale Absichtserklärung in Sachen Mietsicherheit zwischen 5 und 10 Jahren ein.

Über ganz Bayern verstreut betrifft dies ca. 82.000 Mieter, in München etwa 27.000, die sich plötzlich dem "freien" Wohnungsmarkt ausgesetzt sehen. Das addiert sich in München mit dem höchsten Mietzins der BRD, mit Luxussanierung, Gentrifizierung, schrumpfendem Sozialwohnungsbestand und ständigem Zuzug zahlungskräftiger Klientel. SPD, Grüne und Freie Wähler witterten hier sofort einen willkommenen Knüller für den nächstjährigen Landtagswahlkampf, stellen sich werbewirksam auf die Seite des "kleinen Mannes" und fahren schweres Geschütz gegen die Landesregierung auf: "CSU-Chef Seehofer will sein größenwahnsinniges Propagandaziel - Bayern 2020 schuldenfrei! - durch Verkauf des (dem Volk gehörenden) Tafelsilber erreichen. Dafür werden die GBW-Mieter den Immobilien-Heuschrecken zum Fraß vorgeworfen!"

Münchens OB Ude und Spitzenkandidat der SPD für die Landtagswahl befasste sich mit den verschiedenen juristischen Ausreden des bayerischen Finanzministers Söder, der sich hinter der EU-Forderung nach "diskriminierungsfreier Ausschreibung" und der "inakzeptablen Knebelung" der 8% anderen GBW-Mitteilhaber versteckt und am liebsten schon morgen an die meistbietenden, sattsam bekannten Immobilienhaie Patrizia, Gagfah und Co. verkaufen würde.

Aber auch die laut tönende Parteiprominenz von SPD und Freien Wählern konnte den demonstrierenden Mietern keine verbindlichen Zusagen machen. Deren Forderungen waren auf den vom Mieterverein hergestellten Schildern deutlich sichtbar: "Keine Luxussanierung!" "Wohnung muss bezahlbar bleiben!" "Keine Umwandlung in Eigentum!" und vor allem "Keine Mieterhöhungen!". Es ist noch nicht lange her, dass die in München tonangebenden SPD und Grünen von den städtischen, SPD dominierten Wohnungsgesellschaften verlangten, sich Schritt für Schritt den "freien" Mietpreisen anzunähern, "um bei den ständig steigenden Grundstücks- und Baupreisen mithalten zu können." Bei aller lautstarken Parteinahme für die Mieter sind auch für diese Parteien die Vorgaben des Marktes (sprich: die Interessen der Finanzinvestoren) die Kompassnadel, nach der sie sich ausrichten.

Die DKP brachte ihre Position mit einem Transparent auf den Punkt: "Bezahlbare Miete statt Rendite! - Der Mensch geht vor Profit", was die durchweg SPD orientierten DemonstrantInnen ebenso beifällig aufnahmen wie das Flugblatt mit den Forderungen:

  • Die GBW-Wohnungen dürfen nicht verkauft und die Mitbestimmungsrechte der Mieter müssen ausgebaut werden.
  • Wohnraum darf nicht privat verzockt und verhökert werden.
  • Dazu müssen gesetzliche Riegel gegen Spekulation eingeführt werden; verbindliche Mietobergrenzen und Erhaltungssatzungen müssen gesetzlich verankert werden.
  • Eine Stadt ist kein Unternehmen, sondern ein Gemeinwesen. Mietstop für München!