Im Hambacher Forst, nur wenige Meter vom Tagebau entfernt, haben Anti-Kohle-Aktivisten ein Camp aufgeschlagen, um gegen die Braunkohleverstromung und die Abholzung des Waldes für den Tagebau Hambach zu protestieren.
KERPEN-BUIR - Seit 14 Tagen harren sie im Wald aus, übernachten in Zelten am Boden oder in Baumhütten in über zehn Meter Höhe und bekommen auch schon mal Besuch von internationalen Klimaaktivisten.
„Wir bleiben solange hier, bis RWE zur Vernunft kommen“, kündigen sie an. Tatsächlich scheinen sie sich auf eine längere Bleibe einzurichten: Kompost-Toiletten und eine Solar-Dusche wurden schon gebaut. In „besonders schützenswerten“ Bäumen hängen an Seilen in über zehn Meter Höhe Plattformen, auf denen Zelte aufgebaut wurden. Nur geübte Kletterer kommen an Seilen dort hoch. Strickleitern oder ähnliche Hilfsmittel fehlen.
Geschickt in die Baumhütte
„Dann kann uns keiner so leicht herunterholen“, erläutert ein 25-jähriger, der sich den Namen „Clumsy“ gegeben hat. Aus dem Englischen übersetzt, bedeute dies „Tolpatsch“.
Doch der junge Mann stellt sich keineswegs tolpatschig an, wenn er geschickt an den Seilen hoch in seine Baumhütte klettert. Er habe eine einwöchige Kletterausbildung absolviert, erzählt Clumsy. Mit anderem Aktivisten ist er nach dem Waldfest, das Umweltgruppen vor zwei Wochen im Hambacher Forst feierten, einfach da geblieben und hat sich eingerichtet. Nur einmal sei er zwischendurch weg gewesen. Zur Jahreshauptversammlung von RWE in Essen, wo Klimaaktivisten gegen den Energiekonzern protestiert hatten.
Rund 15 Leute, so heißt es, gehörten zum Kern der „Waldbesetzer“, die betonen, gerne Besucher und Unterstützer zu empfangen. Man agiere autonom, also ohneRückendeckung durch eine offizielle Organisation. Manche waren schon beim Klimacamp dabei gewesen, das unter anderem der BUND vergangenes Jahr im Umsiedlungsort Manheim organisiert hatte. Auch Aktivisten aus dem Ausland gehören zu den Waldbesetzern“, wie die 24-jährige Anna von der „Coal Action Scotland“. Sie sei wegen der „internationalen Solidarität“ mit dabei und kämpfe sonst in Schottland gegen den Kohleabbau. „Wir haben dort schon Tagebaue verhindert.“
Gemeinsam mit Clumsy bereitet Anna in der Zeltküche gerade eine vegane Mahlzeit zu. Wenige Meter weiter entrindet der 25-jährige „Michau“ dünne Stämme, die er für den Bau seines keltischen Rundhauses braucht. Es hat eine Feuerstelle mit Rauchabzug in der Mitte und soll noch mit Lehm abgedichtet werden. „Das machen wir so winterfest. Wir wollen so lange, wie es geht, hierbleiben.“ Bislang, so berichten die Waldbesetzer, werde man vom RWE-Werksschutz, wie auch von Förster und Polizei in Ruhe gelassen. Bei RWE wird das bestätigt. Das besetzte Areal werde zur Zeit nicht für den Tagebau in Anspruch genommen, heißt es dort. Es sei frei zugänglich. Wegen des Vogelschutzes dürften zur Zeit ohnehin keine Bäume abgeholzt werden. Auch die Polizei wartet ab: Weil RWE die Besetzer „dulde“, heißt es auf der Pressestelle.
Unterstützt werden die Waldbesetzer von der Initiative Buirer für Buir: Stefan Schlang, zweiter Vorsitzender des Vereines, spricht von einer „Aktion des zivilen Ungehorsams“, die Respekt verdiene. Er lobte die Waldbesetzer, weil sie „für den Schutz der Natur ein solches Risiko und solche Beschwernisse“ auf sich nähmen. „Sie tun das immerhin, obwohl sie – anders als wir Buirer – vom Verlust des Hambacher Forstes selber gar nicht so direkt und unmittelbar betroffen sind.“
Für Sonntag, 29. April, 14 Uhr, lädt die Initiative deshalb zu einem solidarischen Waldspaziergang ein, um den Wald und das zum Besetzercamp kennenzulernen. Treffpunkt ist eine Mahnwache, die über den Parkplatz nördlich der Autobahnanschlussstelle Kerpen-Buir erreichbar ist.