mit Hanno Pöppel und Joshua Wicke
Am 14. Juli 2011 entstand in Tel Aviv die Zeltstadt. Ein erstes symbolisches Zelt auf dem Habima-Square inspirierte in kürzester Zeit Tausende an Aktivist/innen, Student/innen, Alte und Junge. Menschen gingen gegen fehlendes Wohnrecht, steigende Lebenshaltungskosten und ökonomische Ungleichheit auf die Straßen. Der Zeltprotest am Rothschild-Boulevard wuchs sich in kurzer Zeit zur massivsten Protestbewegung in der Geschichte Israels aus. Von anarchistischem Grassroots-Aktivismus, Volksküchen und Speakers-Corners zu zionistischen Jugendgruppen, Künstler/innen-Gruppen, Akademiker/innen und Arbeitstätigen versammelte sich auf der Rothschild-Allee alles links von der vermeintlichen Mitte.
Die Bewegung galt als Stichwortgeber der Occupy-Proteste in New York und
stand in der Nachfolge des sogenannten arabischen Frühlings um den
Tahrir-Platz, der weltweite Aufmerksamkeit auf sich zog und das Wort
Revolution wieder populär machte. Auch in Israel war von Revolution die
Rede. Wer aber waren die 300.000 Menschen, die Ende August auf den
Straßen von Tel Aviv, Haifa, Jerusalem usw. demonstrierten? Was waren
ihre Inhalte? Wie radikal kann eine politische Bewegung sein, die sich –
wie ihre Kritiker/innen behaupten – die Besatzung Palästinas sowie die
Siedlungs- und Sicherheitspolitik nicht oder nur am Rande zum Gegenstand
machte? Und was waren die Reaktionen und Taktiken der Regierung auf den
Protest?
Hanno Pöppel berichtet von Voraussetzungen und Folgen des Zeltprotests
und mache ihre Stärken und Schwächen transparent. Die kritische Masse
ist heute verschwunden. An Projekten wie העם בית (Volkshaus) lassen sich
Nachwirkungen ablesen – Das Hausbesetzer/innen-Projekt existiert noch
und dient als Anlaufstelle für Polit-Veranstaltungen, Partys und
Filmreihen. Eine Reihe an anderen Gruppen führt den Protest noch heute
auf je unterschiedliche Weise weiter. Ein neuer ‚israelischer Frühling‘
ist geplant. Er berichtet vor allem aus seiner persönlichen Erfahrung
der letzten zehn Monate und wirft einen kritischen Blick auf
verschiedene Persönlichkeiten und Gruppen, die Rolle der Kunst und die
spezifische Form des Protestierens.
Hanno Pöppel ist freier Journalist und schreibt u.a. für die Jungle World, die Zeit und den Freitag. Er beschäftigt sich mit kritischer Theorie, Wissensgeschichte und Tagespolitischem. Joshua Wicke beschäftigt sich momentan mit dem Verhältnis von Philosophie und Biologie. Er hat Hanno Pöppel während seines Israelaufenthalts besucht und ihm bei einer Reportage über Orthodoxie und Frauenrechte geholfen.
weitere Infos:
http://jungle-world.com/artikel/2011/33/43807.html
http://jungle-world.com/artikel/2011/35/43902.html
Ort: 30167 Hannover, Elchkeller (im Keller des Instituts für Soziologie), Schneiderberg 50