Der kommunalpolitische Kommentar - Schulterschluss gegen Wohnungsnot

Die GBW-Mieter in der Schupfer Straße fürchten um ihre Zukunft. Mit einer Lichteraktion „Hier bin ich zu Hause“ machten sie vor kurzem auf ihre Situation aufmerksam
Erstveröffentlicht: 
07.01.2012

Wo einst Güter umgeschlagen wurden, am einstigen Nordbahnhof, entstehen neue Mehrfamilienhäuser und Eigenheime. Nicht anders in Großreuth. Oder an der Neubleiche in Dürrenhof. Oder auf dem ehemaligen Tucherareal.

 

Ganze Siedlungsviertel sind schon in den vergangenen Jahren entstanden. Und etliche Investoren haben — ganz im Sinne der sinnvollen Verdichtung innerstädtischer Lagen — konsequent Lücken genutzt, so an der Bärenschanze oder am Palmenhof.

Schon diese paar Beispiele könnten den Eindruck erwecken, in Nürnberg werde gebaut, was das Zeug hält. Doch der Schein trügt: Nach Bedarfsberechnungen müssten in Nürnberg jährlich rund 1750 Wohnungen fertiggestellt werden; tatsächlich sind es jeweils einige Hundert weniger. Die Gründe für die Nachfrage sind allseits bekannt: Nürnberg profitiert, wenn auch schwächer als andere Regionen, von einem vorerst noch anhaltenden Zuzug. Außerdem nehmen Single-Haushalte zu, ebenso die Ansprüche: Pro Einwohner werden immer mehr Quadratmeter Wohnfläche benötigt.


Kommune ist gefordert

So gilt es, alle Register zu ziehen. Hauptakteure sind natürlich private Investoren und Baugesellschaften unterschiedlicher Prägung — von rein profitorientierten Baulöwen bis zu gemeinnützigen Unternehmen mit sozialer Prägung. Mit im Boot sitzen jedoch die Geldinstitute und die Politik. Gerade die kommunale Ebene ist gefordert, obwohl sie oft nur über ihr Planungsrecht Einfluss nehmen kann. Erst recht, wenn sie selbst nur über wenige Flächen direkt verfügt. Umso mehr aber sollte Nürnbergs neuer Wirtschaftsreferent Michael Fraas die Wohnbauförderung an der Seite seines Baukollegen Wolfgang Baumann zur Chefsache erklären.

Ansätze dazu sind erkennbar: Im neuen Jahr werden sich die Stadträte eingehend mit einem Konzept zur Mobilisierung von Wohnbauflächen und einem Stadtentwicklungskonzept unter dem Titel „Wohnen im Jahr 2025“ beschäftigen. Es stand bereits vor Weihnachten auf der Tagesordnung, wurde aber vertagt.

Wie dringend das Thema angepackt werden muss, lassen wenige Beispiele erkennen: Vor allem für Empfänger von Sozialleistungen wird es immer schwieriger, Wohnraum zu finden, der den finanziellen Vorgaben der Jobcenter entspricht. Besonders eng könnte es für die zunehmende Zahl von Rentnern werden, die auf Grundsicherung angewiesen sind. Und händeringend, ja verzweifelt suchen jetzt schon vor allem kinderreiche Familien nach einer passenden Bleibe. Ein Alarmsignal ist schließlich das Schicksal von einigen Tausend Mietern von GBW-Wohnungen: Sie sollen happige Mieterhöhungen verkraften, weil sich die Bayerische Landesbank von der Immobilientochter trennen und die „Braut“ möglichst lukrativ vermarkten muss.

Indem sie den gesetzlich möglichen Spielraum bis zum Äußersten ausreizt, treibt sie Bewohner an den Rand der Verzweiflung. Auch sonst ist die Entwicklung der Mieten jetzt schon alarmierend: Nicht nur die allgemein übergroße Nachfrage treibt die Preise, sondern auch die — grundsätzlich natürlich sinnvolle und richtige — energetische Sanierung.