Sowohl Antifagruppen als auch bürgerliche Initiativen haben sich am 14.04.2012 das Ziel gesetzt, mittels Blockaden den „Trauermarsch“ der RNJ zu verhindern. Hingegen versuchen Stadt, Ordnungsamt und Bürgermeister alles, um offensiven Protest zu unterbinden.
Hintergründe
Am
14.04.2012 plant die lokale Kameradschaft „RNJ Vogtland“ bereits
zum zweiten Mal die Durchführung eines Trauermarsches unter dem
Motto „Im Gedenken an die deutschen Opfer“. Im ersten Durchgang
konnten am 16.04.2011 etwa 120 Nazis weitestgehend ungestört durch
Plauen marschieren. Nach den allseits bekannten jährlichen
Naziaufmärschen in Dresden und Chemnitz sieht sich damit seit
vergangenem Jahr mit Plauen eine weitere Stadt in Sachsen mit dem
geschichtsverdrehenden Jammern gedenkwütiger Nazis konfrontiert.
Seit dem ersten Trauermarsch hat die noch relativ junge RNJ scheinbar
an Aufwind gewonnen und ist besonders im vogtländischen Hinterland
zwischen Rodewisch, Auerbach, Ellefeld und Falkenstein sehr präsent.
Offensichtlich unterhält sie gute Kontakte zum „Freien Netz Süd“,
zum „Freien Netz Erzgebirge“ und zu diversen anderen
Kameradschaften wie der KAL (Kameradschaft Aachener Land) und dem
„Aktionsbüro Mitte“. Ebenfalls sind personelle Überschneidungen
mit lokalen NPD-Strukturen zu verzeichnen. Sowohl die
Antifaschistischen Gruppen des Vogtlandes (AGV) als auch das
„Aktionsbündnis Vogtland gegen Rechts“ mobilisieren unterdessen
zu Blockaden, um in diesem Jahr den Naziaufmarsch zu verhindern. (1)
(2)
Das Schweigen der Provinzfürsten
Bereits im Jahr 2011 war der Umgang der öffentlichen Stellen der Stadt Plauen mit dem Naziaufmarsch von Ignoranz und Unkenntnis geprägt. Nachdem die wenigen Blockadeversuche mit Hilfe eines riesigen Polizeiaufgebots erstickt wurden, konnten etwa 120 Nazis weitestgehend ungehindert zuerst an der ehemaligen Synagoge vorbeimarschieren, anschließend ein Viertel passieren, in dem 1939 besonders viele Deportationen jüdischer BürgerInnen stattgefunden hatten, und schließlich eine Zwischenkundgebung in Sicht- und Rufweite der ehemaligen Synagoge abhalten (3). Mehr staatlich geduldeten und geschützten Geschichtsrevisionismus kann sich selbst ein phantasievoller Mensch nicht vorstellen. Bereits vor der Nazidemonstration war es zu einem Eklat gekommen – nachdem der örtliche NPD-Kreisverband auf der jährlich stattfindenden städtischen Gedenkveranstaltung auf dem Plauener Hauptfriedhof eine schwarz-weiß-rote Flagge niedergelegt hatte, ließ es sich Oberbürgermeister Ralf Oberdorfer nicht nehmen, vor eben dieser Flagge niederzuknien. Das Bild des knienden Bürgermeisters vor der Reichsflagge erschien tags darauf in sämtlichen Lokalzeitungen und löste vor allem Spott und Verwunderung aus – eine ernsthafte Diskussion der städtischen Gedenkpraxis blieb dem Bürgermeister jedoch erspart.
Hätten leicht naive Geister noch Hoffnungen auf einen Lerneffekt seitens der Stadt und Oberbürgermeister Oberdorfer gehofft, dürften sie nun im Jahre 2012 bitter enttäuscht worden sein. Von Beginn an forcierten konservative Lokalpolitiker gemeinsam mit dem Ordnungsamt eine Taktik der Täuschung, Vertuschung und Verharmlosung im Hinblick auf den bevorstehenden Naziaufmarsch. So dementierte Oberdorfer wider besseres Wissen bis vor wenigen Wochen im Stadtrat die Tatsache, dass überhaupt eine Nazianmeldung für den 14.04.2012 vorliegen würde. Als der genannte Sachverhalt nicht mehr zu leugnen war, sprach sich Oberdorfer beim eigens gegründeten „Runden Tisch gegen Rechtsextremismus“ für eine räumlich klar getrennte Gegenveranstaltung, welche am besten noch an einem anderen Tag stattfinden solle, aus. Mittlerweile ist bekannt, dass die von offizieller Seite beworbene „Protest“-Veranstaltung am 14.04.2012 ab 11 Uhr auf dem Altmarkt stattfinden wird - mehrere hundert Meter von der Naziroute entfernt. (4) Hingegen wurden verschiedene Gegenkundgebungen und –demonstrationen, welche in unmittelbarer Nähe der Naziroute verlaufen sollten, durch das Ordnungsamt verboten oder in entferne Stadtgebiete verlegt. Dass eine politische Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit Plauens unerwünscht ist, zeigt eine weitere aktuelle Begebenheit: angeblich um „rechten Störern“ kein Podium zu bieten, wurde ein Geschichtsvortrag des Historikers Mike Schmeitzner über den aus Plauen stammenden NS-Gauleiter Martin Mutschmann auf Weisung des Oberbürgermeisters aus dem Rathaussaal verbannt und musste an einem Ersatzort stattfinden. (5)
Protest? Aber bitte mit Vorsicht.
Der eilig ins Leben gerufene „Runde Tisch gegen Rechtsextremismus“, an dem sich Parteien- und Kirchenvertreter die Klinke in die Hand geben, ist als ein Versuch zu werten, den Protest gegen den Naziaufmarsch in geordnete Bahnen zu lenken, Blockaden zu diffamieren und das Lager der Protestierenden in „gut“ (demokratisch) und „böse“ (linksextremistisch) zu spalten. Eine ernsthafte Auseinandersetzung mit den ideellen Überschneidungen von Nazis und städtischer Gedenkpolitik soweit ein konsequentes Entgegentreten gegen den Aufmarsch der RNJ wird als störend empfunden und in Ansätzen mit der Vereinnahmung des Protests unterbunden. Mit Hilfe des „Runden Tischs“ schafft sich die lokale Elite um Oberdorfer, CDU und FDP ein Podium, um sich als „wahre Demokraten“ zu stilisieren, welche die Stadt Plauen sowohl vor Nazis als auch marodierenden Autonomen bewahrt.
Dennoch gilt für uns nach wie vor – den Naziaufmarsch am 14.04.2012 stören, blockieren und verhindern!
Ein ausführlicher Artikel zu den lokalen Nazistrukturen sowie den antifaschistischen Gegenaktivitäten wird in den kommenden Tagen folgen.
http://agv.blogsport.de
(1) Aufruf der antifaschistischen
Gruppen des Vogtlandes:
http://agv.blogsport.de/2012/02/12/trauernnicht-mit-uns-naziaufmarsch-am...
(2)
Überblick über Mobiveranstaltungen:
http://agv.blogsport.de/mobistuff/
(3) Die Plauner Synagoge an der
Ecke Senefelder Straße / Engelstraße wurde am 9.11.1939 während
der Pogromnacht niedergebrannt.
(4)
http://move-vogtland.de/pressespiegel-details/items/aufruf-zum-friedlich...
(5)
http://move-vogtland.de/pressespiegel-details/items/mutschmann-interesse...